zum Hauptinhalt
Skeptiker. Die Theatergruppe hinterfragt die Medien- und Werbewelt.

© M. Thomas

Homepage: Öfter mal das Handy ausschalten Studenten der FH führen Theaterstück „Spam“ auf

Ein Mann sitzt auf einem Sessel, schaut stumpf in den Fernseher vor sich. Flirtcoach Estefano d’Elano versucht ihm gerade beizubringen, wie man Frauen aufreißt.

Ein Mann sitzt auf einem Sessel, schaut stumpf in den Fernseher vor sich. Flirtcoach Estefano d’Elano versucht ihm gerade beizubringen, wie man Frauen aufreißt. „Ich zeige dir, wie du schöne Frauen in Clubs noch heute Abend völlig verrückt nach dir machen kannst.“ Der Mann rührt sich nicht, dafür aber der Moderator im TV. Estefano d’Elano klettert aus dem Bildschirm heraus, stellt sich hinter sein verwirrtes Publikum. „Gemeinsam werden wir einen Plan besprechen, der heiße Frauen dazu bringt, dich erobern zu wollen.“ Vier schöne Frauen betreten den Raum. Sie kommen dem Mann näher, fangen an, ihm an der Kleidung zu zerren. Bis der Flirtcoach sie wegschickt.

Jede Bewegung, jeder Satz wirkt überzogen, alles könnte auch nur eine Illusion sein. Damit spielen die Darsteller des Studententheaters „Unitiator“. Das Theaterstück „Spam!“, das am Freitag und Sonntag im Casino der FH aufgeführt wird, zeigt das Aufeinanderprallen der menschlichen Psyche mit der Medien- und Werbewelt. Inspiration und Textgrundlage sind Spam-Mails, die die Darsteller gesammelt haben. Auch Netz-Beiträge mit Tipps und Tricks zu alltäglichen Problemen sind in die Dialoge eingeflossen. So zum Beispiel der selbsternannte Flirtcoach Estefano d’Elano: Auf Youtube erklärt er, wie Männer bei Frauen landen können. Von der Absurdität dieser Videos inspiriert, entwickelte Sina Schmidt, Leiterin des Studententheaters „Unitiator“, eine Szene für das Stück. Für die anderen fünf Szenen wurden Spam-Mails als Grundlage verwendet, inklusive Rechtschreib- und Grammatikfehler. Zusammen mit Sina Schmidt haben 18 studentische Theatermacher an dem Stück gearbeitet.

„Im Alltag wird man von allen Seiten mit Werbung bombardiert“, sagt Schmidt. Mit „Spam!“ versucht das Ensemble diese Beschallung von allen Seiten auch bei den Zuschauern zu erzeugen. Die Bühne besteht aus drei großen Leinwänden, die zwei Spielstätten begrenzen. Das Publikum sitzt in der Mitte, visuellen und hörbaren Reizen von drei Seiten ausgesetzt. Auf einem dritten Podest spielt die Berliner Band „Zucker aus Konvention“. Die Texte der fünf Musiker dienen auch als symbolischer Spiegel. Während die Handlung auf der Bühne überspitzt ist, soll die Band kritisch hinterfragen, den nötigen Abstand beibehalten um nicht im Sumpf des gespielten Medienkonsums zu versinken.

Doch auch die anfängliche Skepsis der Musiker wird schließlich gebrochen, zurück bleiben manipulierte Menschen, süchtig nach Medienkonsum. „Wir als Musiker sind auch Spamer“, räumt der Keyboarder Daniel Panzlaff selbstkritisch ein. Um sich als Band bekannt zu machen müssen „Zucker aus Konvention“ – trotz ihrer kritische Haltung – auch im Internet Texte verschicken, auf Veranstaltungen aufmerksam machen. „Der Kapitalismus ist in jede Phase des Lebens eingedrungen“, meint Sina Schmidt. Der Alltag werde bestimmt durch künstliches Verlangen, welches durch Werbung erzeugt werde.

„Spam!“ hat nicht den Anspruch einen möglichen Ausstieg aus dem Medienstrudel zu geben. Mit dem Stück wollen die Studierenden die Zuschauer vielmehr sensibilisieren. Die Darstellerin Kristin Fabig erzählt, dass sie durch die Arbeit am Stück gelernt hat, wie wichtig es ist sich eine Auszeit von den äußeren Einflüssen zu nehmen. „Es ist wichtig sich mal herauszunehmen, in der Sonne zu sitzen, das Handy auszuschalten und den Moment zu genießen.“ Ihre Kommilitonin Sina Schmidt hinterfragt aber auch dieses Verhalten. Sei es nicht auch wieder ein durch Medien und Werbung geschaffenes Bild, wenn man beispielsweise zusammen mit Freunden bei einem Glas Wein entspannt. Was würde man tun, wenn das Glas Wein nicht mit Genuss, Freunden und Freizeit assoziieren würde? Mit ihrem Theaterstück wollen die Studierenden diese Fragen nun in die Öffentlichkeit tragen. Elisabeth Kropp

Am 6. und 8. Juni, 19.30 Uhr, im Casino der FH Potsdam, Pappelallee 8-9

Elisabeth Kropp

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false