Sport: Ohne Hemmschwellen
Die Potsdamerin Maxie Borchert ist als Reporterin bei den Paralympics in London unterwegs
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Auch bei den Paralympics in London wird es wieder eine, von einem internationalen Team aus britischen Schülern und deutschen Nachwuchs-Reportern produzierte „Paralympics-Zeitung“ geben. 2004 in Athen wurde das Projekt gemeinsam von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem „Tagesspiegel“ und der Agentur panta rhei ins Leben gerufen. 2006 in Turin, 2008 in Peking und 2010 in Vancouver entwickelte es sich weiter. Für die zehn jungen Berichterstatter zwischen 16 und 18 Jahren, die das Reporterteam bilden werden, ist das Ganze ein kleines Abenteuer, die Entdeckung völlig neuer Erfahrungen und eine Herausforderung zugleich. Vor Ort spannende, berührende und mitreißende Geschichten zu erleben und zu vermitteln – das hat mehr als 400 Jugendliche in Deutschland bewogen, sich am am diesjährigen Schreibwettbewerb für die Paralympics-Zeitung zu beteiligen.
Eine siebenköpfige Jury, in der unter anderem auch ZEIT-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher, Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt und die sehbehinderten zwölffache Paralympics-Siegerin Verena Bentele vertreten waren, bescheinigte den eingereichten Beiträgen „Qualität und Authenzität der Texte“ – zehn Bewerber wurden ausgewählt. Die Beiträge, die sie vom 30. August bis 10. September bei den Behinderten-Spielen in London für vier Ausgaben der international mehrfach ausgezeichneten Paralympics Zeitung schreiben werden, wird man dann in Deutschland als Beilage in der ZEIT, dem Handelsblatt, dem Tagesspiegel und auch in den Potsdamer Neuesten Nachrichten lesen können.
Und dabei wird es auch Geschichten der Babelsbergerin Maxie Borchert zu lesen geben. Die 18-Jährige ging in Potsdam zur Sportschule, spielte beim SC Potsdam Volleyball und ging schließlich zum VC Olympia nach Berlin. Die 1,78 m große Außenangreiferin, die aktuell am Schul- und Leistungssportzentrum der Hauptstadt am Abi werkelt, wird demnächst in ihre Heimatstadt zurückkehren und wieder bei den Eltern Quartier nehmen.
„Mach was Spannendes neben der Schule“, sagte ihre Mutter. Und als die Potsdamerin die Anzeige für den Schreibwettbewerb las, dachte sie sofort: „Das ist genau das, was du suchst.“
Etwas selbst zu schreiben, hat sie schon immer gereizt. „Ich fand das Thema ’Menschen mit Behinderung und Sport’ total toll. Zwar hatte ich bis dahin damit noch nichts zu tun, aber grade das machte es für mich ja so spannend“, erzählt sie. Ein Interview wählte sie für ihren Beitrag aus – Gesprächspartner war der 22-jährige Schwimmer Lucas Ludwig, der im Vorjahr bei der EM in Berlin Europameister über 5 Kilometer im Freiwasser geworden war. Vor dem Gespräch habe sie sich „total den Kopf zerbrochen“, welche Fragen sie stellen wolle und welche Fehler sie auf keinen Fall machen dürfe. „Bloß nicht verletzen oder beleidigen“, hämmerte sie sich ein.
30 Fragen hatte sie aufgeschrieben, weggeworfen und nochmal neu verfasst. Mit mehreren Wiederholungen. Übrig geblieben sind am Ende vielleicht fünf. Ihre Bewerbung schickte sie an die angegebene Mailadresse – Mitte März gab es die Mitteilung, sie gehöre in die engere Auswahl, später ein halbstündiges Bewerbungsgespräch per Telefon. Am 29. März dann der Anruf: „Du bist dabei.“
Am heutigen Mittwoch werden Maxie Borchert und die weiteren neun Nachwuchs-Reporter in der britischen Botschaft in Berlin empfangen, vom 25. bis 27. Mai steht ein Workshop in Birmingham an und anschließend der Weltcup in Manchester. „Dort schreiben wir auch Texte und werden in Sportarten eingeteilt“, erzählt Maxie Borchert, die sich seit ihrer Bewerbung intensiv mit den Paralympics beschäftigt hat. „Inzwischen sehe ich die Welt ein bisschen mit anderen Augen“, meint sie. „Ich achte einfach mehr darauf, was behinderte Menschen in unserer Umwelt noch zusätzlich behindert.“
Im Interview mit Lucas Ludwig hat sie vor allem eins bemerkt: „Man muss keine Hemmschwellen haben. Das sind ganze normale Menschen wie Du und ich. Deshalb mag ich das Wort ’behindert’ eigentlich nicht besonders, weil es irgendwie schon wieder ab- und ausgrenzt.“ An das Interview mit Lucas Ludwig denkt sie noch immer gern zurück. „Das hat hat mein Herz bewegt“, gibt sie zu.
Doch nun freut sie sich riesig auf die Paralympics. „Dass ich das in meinen Lebenslauf einbauen darf, das macht mich stolz“, meint die Reporterin. „Ich wünsche mir, dass ich meine Begeisterung für das Projekt auf andere übertragen kann. Das wäre ein richtig schöner Erfolg.“
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