
© Jan Kuppert
Sport: Ohne Rückfahrkarte
Das Pokalspiel zwischen dem SV Babelsberg 03 und Victoria Seelow ist auf Freitagabend verlegt worden
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So richtig war die Spielverlegung bei der Vereinsführung des SV Babelsberg 03 gestern noch gar nicht angekommen. Die Fans wussten da schon mehr, zeigten sich zum Teil verständnisvoll, zum Teil aber auch enttäuscht. Der Grund: Eigentlich sollte die zweite Runde im Landespokal beim SV Victoria Seelow zur üblichen Zeit am Samstagnachmittag ausgetragen werden. Daraus wird nun nichts: Anpfiff ist auf Bitten des gastgebenden Vereins bereits am Freitag um 19 Uhr in der Sparkassenarena. Der derzeit Neuntplatzierte der Brandenburgliga wollte eine Änderung der Anstoßzeit und der Sicherheitsausschuss des Fußball-Landesverbandes stimmte dem zu.
„Wir befürchten, dass es Ausschreitung wie im November in Frankfurt/Oder geben könnte“, sagt Seelows Vereinschef Roland Bienwald. Im Pokalmatch gegen Frankfurt war es im Vorfeld des Spiels zu Auseinandersetzungen zwischen linksgerichteten Babelsberger Fans und Teilen der hinlänglich bekannten Frankfurter Neonazi-Hooliganszene gekommen. Die Oderstadt liegt nicht weit entfernt von Seelow – ein erneutes Aufeinandertreffen ist nicht ausgeschlossen.
Durch die Spielverlegung ist dies nun zum großen Teil ausgeschlossen. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Anfahrt per Zug nahezu unmöglich ist, da nach dem Abpfiff keine Bahn mehr gen Potsdam fährt. Bleibt das Auto – aber der größte Teil der sonst so reisewilligen Fans dürfte auf diese Alternative verzichten.
„Ich kann das einerseits nachvollziehen, dennoch resigniert man hier ja vor womöglicher Gewalt“, sagt René Kulke, der seit Jahren die Auswärtsfahrten der Nulldreier organisiert. „Ich war selbst schon mal in Seelow und habe das schöne Stadion mitten im Plattenbaugebiet genossen. Nette Leute, nettes Catering. Ich denke, dass es dennoch ein schönes Spiel wird. Denn mit den Seelower Fans dürfte es ja wohl kaum Ärger geben.“ An die Auseinandersetzung mit den Frankfurter Hooligans im vergangenen Jahr kann sich Kulke noch gut erinnern. „Schon am Einlass wurden wir entsprechend erwartet“, erzählt er. „Das war eine richtige Pogromstimmung.“
Auch der Fanclub „Zugezogen 03“ hatte sich schon auf das Pokalspiel in Seelow gefreut. „Nun können wir aber nicht fahren, weil viele von uns an diesem Abend etwas vorhaben. Die Ultras des FC St. Pauli haben in Hamburg zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen, da besteht schon lange eine Fanfreundschaft“, sagt Maik Dudzak vom Fanclub. „Aber Seelow wollte so spielen und das akzeptieren wir.“
Roland Bienwald hat mit seinem Team indes den Kopf wahrlich voll. Mindestens 60 Leute seines Vereins sind ehrenamtlich im Einsatz und bereiten derzeit alles vor. Auf eine strikte Trennung der Fans muss Bienwald achten, muss verstärkte Einlasskontrollen gewährleisten – vor allem in Bezug auf Pyrotechnik und Alkohol, der an diesem Tag im schmucken Seelower Stadion nicht ausgeschenkt wird. Drei Tage vor dem Spiel muss er dem Spielausschuss des Fußball-Landesverbandes schriftlich mitteilen, wie die angeordneten Maßnahmen umgesetzt werden. „Für einen kleinen Verein wie uns ist das eine ganze Menge Arbeit“, sagt er. „Wir wollen einfach nur ein schönes Spiel. Und vielleicht gelingt uns ja gegen den SVB ein ähnliches Husarenstück wie den Fußballern aus Falkensee-Finkenkrug.“
Henner Mallwitz
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