Landeshauptstadt: Ohne Schwertkampf
Kurz vor Ende der Herr der Ringe-Ausstellung im Filmpark Babelsberg ziehen junge Potsdamer Fans der Geschichte um Hobbits, Elben und Zauberer ein durchwachsenes Fazit des Gesehenen
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Einem echten Fan lässt sich kaum noch etwas Neues bieten. „Die gezeigten Videosequenzen kannte ich leider alle schon von den Special-DVDs zu der Filmtrilogie“, sagt Sebastian nach seinem Besuch bei der Herr der Ringe-Ausstellung im Filmpark Babelsberg. Noch bis zum 29. April wird die Fantasy-Schau dort in der Caligari-Halle gezeigt. Nach Angaben von Park-Sprecherin Liane Nowak kamen bis zur Halbzeit Mitte März rund 65 000 Besucher. Aktuellere Zahlen sollen erst am Ende des groß beworbenen Events bekannt gegeben werden. „Wir waren mit der Besucherzahl sehr, sehr zufrieden – und gerade um Ostern herum war die Halle noch einmal sehr voll“.
Potsdamer Herr der Ringe-Fans wie Sebastian beurteilen die Schau nicht ganz so positiv. „Die Beschreibungen waren etwas mager, die Anzahl der ausgestellten Gegenstände zu gering und das Fotoverbot hat mich auch gestört“, fasst der 25-Jährige zusammen. Seine Kritik kann er deswegen auch begründen, weil er seit Jahren Fan des Buches und der oscarprämierten Filmtrilogie ist. „Die Geschichte ist so etwas wie die Mutter der Fantasy, besonders fasziniert mich ihr Detailreichtum“, so Sebastian. Auch der Film habe diese Verliebtheit in scheinbaren Nebensächlichkeiten besessen – dies zumindest habe die Ausstellung im Filmpark deutlich gezeigt. „Besonders interessant waren die Rüstungen und Kleider, bei denen auf jedes Detail geachtet wurde“, sagt Sebastian. Doch, so meint er, der Eintrittspreis von zehn Euro für Studenten sei das Gezeigte nicht Wert gewesen.
In der Ausstellung sind die wichtigsten Gegenstände, Personen und Geschöpfe aus den erfolgreichen drei Filmen von Regisseur Peter Jackson in eine schummerige Szenerie gesetzt. Da ist der Höhlentroll aus dem Film, ebenso die handgenähten Verkleidungen verschiedenster Krieger. Allerdings funktioniert die Schau nur über ihre Optik: Eines der Kunstschwerter benutzen kann der Besucher nicht – einziges interaktives Element ist die Möglichkeit, sich gegen Geld für ein Foto durch Tricktechnik auf Hobbitgröße schrumpfen zu lassen. Doch der Details sind es viel: Das hell glänzende Medaillon Abendstern der Elbin Arwen findet sich genau so wie Anduril, die so genannte Klinge des Westens, das Schwert von Arwens Geliebten Aragorn, dem einzigen Erben auf den Thron von Mittelerde, dem großen Fantasy-Kontinent, auf dem die Geschichte spielt.
Solche Details über Schmuckstücke oder Schwerter der Mittelerde-Welt hat Erik aus Potsdam erst durch den Film kennengelernt – das mehr als 1000-seitige Buch hat er noch nicht geschafft zu lesen. Der 19-Jährige ist im Gegensatz zu Sebastian zufrieden aus der Schau gegangen. „Die ganze Aufmachung – vom Eingang durch die Statuen der Argonauten, über die Vitrinen, die den einzelnen Charakteren gewidmet waren, bis zum einzelnen Raum, in dem die Säule mit dem „Ring“ ausgestellt war – machte einen gut durchdachten Eindruck.“ Auch haben ihm, der sie noch nicht kannte, die vielen Making Off-Videos gefallen. Ebenso die Sammlung von Skizzen und Gemälden hebt er hervor, die aus der Hand von Alan Lee stammen: Der 1947 geborene Engländer gilt als einer der wichtigsten Illustratoren von Tolkiens Werk und wirkte bei der filmischen Umsetzung als Ideengeber mit. An dem Preis für die Ausstellung hat der Abiturient deswegen nichts zu mäkeln: Allein der logistische Aufwand der durch die Welt reisenden Schau rechtfertige den Eintritt. „Zudem wurde den Requisiteuren, Kulissenbauern und Grafikern ein Denkmal gesetzt“, meint Erik – für dieses sei er bereit zu zahlen.
Dies sieht Julia gänzlich anders. Als „großer Fanatiker“ für die Geschichte sei sie enttäuscht gewesen. „Die Kostüme sehen zwar toll aus, aber sind ziemlich klein und nicht so recht das, was ich erwartet habe.“ Zudem sei die Ausstellung eher „märchenhaft“ angelegt, also speziell für die vielen dort anwesenden Kinder. „Dadurch war ein ruhiger Aufenthalt nahezu unmöglich“, so die 17-jährige Schülerin. Zudem habe sie sich durch die Beschriftungen an den Ausstellungsstücken ein wenig „veralbert“ gefühlt: „Die sind viel zu kindgerecht formuliert.“
Henri Kramer
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