Landeshauptstadt: Ohne Turnschuhe
Am Freitag wird der Neubau am Bergmann-Klinikum eingeweiht: Ein Rundgang durch die neuen Räume
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Innenstadt – Den langen Weg quer durchs Krankenhaus kann sich Matthias Ingenlath bald sparen. „Zeit ist einfach das Entscheidende“, sagt der Chef der operativen Intensivtherapie am Klinikum „Ernst von Bergmann“. Momentan müssen täglich noch drei bis vier Patienten von der Intensivstation quer durchs Klinikum zur Computertomographie (CT) geschickt werden. „Ein unglaublicher Aufwand“, sagt der Oberarzt. Nicht nur, dass dann der begleitende Kollege im Stationsbetrieb fehlt. Jeder Meter, den der Patient von der Intensivstation entfernt wird, bedeutet ein Risiko. Im Notfall zählt jede Sekunde: „Da können sie die hier ausziehen“, sagt Ingenlath und zeigt auf seine weißen Kork-Sandalen: „Da brauchen sie Turnschuhe!“
Mit dem neuen Klinikums-Anbau in der Charlottenstraße soll sich das ändern: Denn perspektivisch zieht die Radiologie, wo die CT-Geräte stehen, in direkte Nachbarschaft zur Intensivstation. Für Ingenlath bedeutet das eine Verkürzung der Wege „um 90 Prozent“. Am Freitag soll der 30 Millionen teure Anbau mit vier Operationssälen und dem Hubschrauberlandeplatz nach zwei Jahren Bauzeit offiziell eingeweiht werden. Gestern stellten Ärzte des Klinikums gemeinsam mit Geschäftsführer Steffen Grebner die Räume vor.
Im Erweiterungsbau soll auch die Notaufnahme unterkommen – erstmals mit zwei separaten Eingängen für Patienten, die per Fuß oder im Krankenwagen kommen: 43 000 Notfallpatienten hat das Klinikum laut Grebner in diesem Jahr behandelt – in einer Rettungsstelle, die nur für 18 000 Menschen ausgelegt ist. In der neuen Notaufnahme im ersten Geschoss gibt es deshalb auch mehr Platz: Zwölf statt bisher sechs Behandlungsräume. Davon erhofft sich Grebner kürzere Wartezeiten. Erstmals gibt es auch Zimmer mit Krankenhausbetten: „Die Patienten liegen nicht mehr auf dem Flur“, erklärt Frank Otte, der Leiter der Rettungsstelle. Außerdem ist die Station mit einem digitalen Röntgengerät ausgestattet. Die Bilder des 250 000 Euro teuren Apparats sind sofort auf dem Monitor sichtbar – und im klinikinternen Computersystem hausweit abrufbar, zum Beispiel auf den Bildschirmen in den OP-Räumen der vierten Etage.
Aber nicht nur mehr Platz, sondern auch mehr Mitarbeiter soll es geben: Über die genaue Zahl verhandelt der Rettungsstellenleiter noch mit der Geschäftsführung des Klinikums. Zwischen sechs und acht zusätzliche Ärzte und Pfleger werden es laut Grebner wohl werden. Frank Otte rechnet in den kommenden Jahren mit noch mehr Notfallpatienten: Grund sei nicht nur der „Rückzug der niedergelassenen Ärzte aus der Notfallmedizin“, sondern auch der Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Anbaus.
Am Freitag soll dort zum ersten Mal ein Helikopter landen. Bisher wurde dafür eine Wiese am Bassinplatz genutzt: Die musste allerdings von der Polizei gesichert und gegebenenfalls von der Feuerwehr ausgeleuchtet werden. Das letzte Stück zur Klinik mussten die Patienten im Rettungswagen gefahren werden. Vom neuen Landeplatz geht es nun direkt per Fahrstuhl in die Notaufnahme. Ein bis zwei Patienten pro Woche werden so in die Notaufnahme kommen, schätzt Otte. Prominente dürften den Landeplatz in Potsdams Stadtmitte nicht nutzen, stellte er gleich klar.
Insgesamt 3200 Quadratmeter Nutzfläche sind in dem 26 Meter hohen „Funktions- und OP-Zentrum“ entstanden: Mehr Platz, top-moderne Ausstattung, klare und kürzere Wege und freundliche Farben loben die Mediziner einstimmig. In den kommenden Wochen soll neben der Intensivstation und der zentralen Notaufnahme auch die OP-Abteilung sowie das Endoskopiezentrum dorthin umziehen. Mitte Dezember soll der Umzug abgeschlossen sein.
Oberärztin Sabine Jander und ihre Kollegen von der Konservativen Intensivtheraphie arbeiten bereits seit zwei Wochen in den neuen Räumen: Sie kümmern sich um Intensivpatienten, die nicht operiert werden müssen, wie zum Beispiel Menschen mit Vergiftungen. 16 Betten zählt die Station: Vier davon stehen in Einzelzimmern mit Schleusenbereich, so dass dort Patienten isoliert behandelt werden können: „Es gibt zunehmend Patienten, die resistente Keime tragen“, erklärt die Stationschefin. Aber auch Patienten, die besonders anfällig für Krankheitserreger sind, müssen isoliert untergebracht werden. Bisher war das auf ihrer Station nur in zwei Zimmern möglich.
Wenn auch die anderen Stationen umgezogen sind, beginnen die Bauarbeiten in den freigezogenen Räumen: Die acht alten Operationssäle sollen renoviert, mehr Bettenzimmer für die Notaufnahme geschaffen werden. Und die Radiologie soll neben die Intensivstation ziehen. Dann können die Mediziner ihre Turnschuhe zuhause lassen.
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