zum Hauptinhalt
Eine Ölpumpe im Licht der aufgehenden Sonne in Oklahoma. Um neue Fördermöglichkeiten zu erschließen, suchen Erdölkonzerne wie ExxonMobil die Zusammenarbeit mit den Geowissenschaften. Eine Kooperation, von der beide Seiten profitieren können.

© dpa

Von Richard Rabensaat: Öl im Kalk

Geowissenschaftler der Universität Potsdam kooperieren mit dem Erdölkonzern ExxonMobil bei der Untersuchung von Gesteinsschichten in Marokko und Italien

Stand:

Auf einem Bildschirm im Geowissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam flackern bunte Linien. Sie umranden eine schwarze Fläche. Es sind Höhenlinien, die nur wenige Millimeter voneinander abgegrenzt sind und Schichten eines Felsmassivs in Sardinien zeigen.

Dort in der Natur überlagern sich graue Gesteinsschichten. Auf einem Foto an der Wand des Labors hangelt sich ein Geowissenschaftler der Universität Potsdam durch krüppelige Büsche und Gestrüpp vor der senkrecht in die Höhe steigenden Felswand. Mit einem GPS Messgerät und einem Laserfernglas registriert er Landschaftspunkte und die Grenzen der einzelnen Kalkschichten. „Wir untersuchen biogene Carbonate, Ausfällungen von Kalk aus Salzwasser“, erklärt der Geowissenschaftler Max Zitzmann. Mehrere Wochen hat eine Gruppe von Geologen in Sardinien das Gestein vermessen. Andere Forscher im Projekt kraxelten durch unwegsame Steinlandschaften in Marokko und den Dolomiten.

Der Forschungsausflug kam durch die Kooperation mit dem Erdölkonzern ExxonMobil zustande, mit dem die Universität eine Karte des Felsmassivs erstellt. Die Forschung ist strikt zweckgerichtet. Das Unternehmen koordiniert die Erkenntnisse aus der Vermessung von Kalkgestein in Marokko und Italien. „In Marokko war es einfacher, weil dort nicht so viel Vegetation auf den Felsen wächst“, stellt Zitzmann fest. Ein bis auf drei Zentimeter genaues Abbild der Gesteinsschichten in einem Berg des nordafrikanischen Landes haben die Studenten am Computer erstellt. Die Daten dazu erhielten sie per Laserscan in Zusammenarbeit mit einer Vermessungsfirma. Mit den Programmen und Grafiken, die sie dabei benutzen, erstellen sie dreidimensionale Körper. Auch die Messungen aus Sardinien geben einigen Aufschluss darüber, wie die Kalkschichten aufgebaut sind. Daraus erhoffen sich die Wissenschaftler und das Erdölunternehmen Aufschluss darüber, wie porös das Gestein ist. Hieraus lassen sich dann wiederum Erkenntnisse ableiten, wie Öl in den Schichten eingelagert ist und durch poröse geologische Schichten fließt.

Etwa 65 Prozent der Erdölvorkommen der Welt seien in Gesteinsschichten eingelagert, erklärt die Geowissenschaftlerin Maria Mutti. Sie ist in Potsdam für das Projekt verantwortlich. In Russland, Venezuela und Brasilien würden erhebliche Reservoire vermutet. Aus der Vermessung der überirdisch liegenden Gesteinsschichten erhoffen sich die Wissenschaftler Aufschlüsse über die unter der Erde lagernden Vorkommen: „Es sollte möglich sein, generelle Regeln darüber zu entwickeln, wie das Öl im Untergrund gelagert ist und dort fließt“, erläutert Maria Mutti.

Die Wissenschaftler in Potsdam arbeiten in dem industriefinanzierten Projekt zusammen mit Forschern aus Bochum, Amsterdam, Barcelona, London und Bristol. Jede der Forschungsgruppen beackert dabei eine andere Seite der Gesteinsplateaus. Während die Potsdamer bunt flackernde Computergrafiken erstellen, möchten Amsterdamer Geologen herausfinden, wie die Schichten brechen. Die Wissenschaftler in Bochum interessiert, welche Barrieren sich im Stein aufgebaut haben. Denn möglicherweise haben Flüssigkeiten, die durch den Kalk fließen, diesen auch zementiert. An einem hübsch gemaserten, vierkantigen Gesteinsblock demonstriert Maria Mutti die schräg verlaufenden Maserungen der einzelnen Kalkschichten. „So ungefähr sehen die Porenräume aus, in denen sich das Öl bewegt.“

Die Zusammenarbeit ist zunächst einmal auf drei Jahre angelegt. Es ist für die Universität wie auch für ExxonMobil ein profitables Projekt. Die Studenten erhalten Forschungsmöglichkeiten, die ihnen ohne die Industriemittel nicht zur Verfügung stünden, das Unternehmen erhält einen Datensatz, mit dem es neue Fördermöglichkeiten erschließen kann. „Die Analogien, die wir aus den 3-D Modellen am Computer auf die Vorkommen im Untergrund ziehen wollen, sind genauer als Punktmessungen von Probebohrungen“, stellt die Wissenschaftlerin Jhosnella Sayago fest. Das Computermodell, das sie entwickelt, erweckt den Eindruck, als könne sie mit ihrer Software durch die Gesteinsschichten hindurchfahren.

Die jungen Wissenschaftler begrüßen den, wie sie sagen „neuen Forschungsansatz“, der sich durch die Zusammenarbeit von Industrie und Universität ergibt. Gäbe es diesen allerdings nicht, müsste das Unternehmen vermutlich im Betrieb feste Stellen für die Forscher schaffen. Denn auf die Forschungsergebnisse ist das Unternehmen auch ohne die Zusammenarbeit angewiesen. So findet eine strikt an den Interessen des Unternehmens ausgerichtete Forschung statt, was die Leiterin der Projektgruppe unumwunden eingesteht.

Richard Rabensaat

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })