Landeshauptstadt: Opferberatung in neuen Räumen Umzug zum zehnjährigen Bestehen des Angebots
Die Frau ist Anfang 20, als sie in die Potsdamer Beratungsstelle kam. Sie steckte in einer akuten Selbstmordkrise, Probleme am Arbeitsplatz hatten Erlebnisse aufgewühlt, die sie jahrelang unterdrückt hatte: Vom leiblichen Vater wurde sie seit dem 9.
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Die Frau ist Anfang 20, als sie in die Potsdamer Beratungsstelle kam. Sie steckte in einer akuten Selbstmordkrise, Probleme am Arbeitsplatz hatten Erlebnisse aufgewühlt, die sie jahrelang unterdrückt hatte: Vom leiblichen Vater wurde sie seit dem 9. Lebensjahr missbraucht, mit 17 offenbarte sie sich ihrer Mutter. Eine erste Anzeige brachte nicht die erhoffte Verurteilung, jahrelang quälte sich die junge Frau mit Selbstvorwürfen, sich gegen ihren Vater nicht behauptet zu haben. Im Laufe der Gespräche in der Potsdamer Opferberatung wurde das Gerichtsverfahren neu aufgenommen, die Frau sagte aus, ihr Vater erhielt eine dreijährige Gefängnisstrafe ohne Bewährung.
Es ist der Fall aus Potsdam, der Diplom-Psychologin Rosmarie Priet aus den vergangenen zehn Jahren im Gedächtnis geblieben ist. Entstanden aus dem Täter-Opfer-Ausgleich des Landes Brandenburg wurde mit der Geschäfts- und Beratungsstelle Ende 1996 die erste Opferberatung in Potsdam geschaffen. Nunmehr existieren sechs Beratungszentren in Brandenburg. Die Potsdamer Beratungsstelle hat gleich zwei Gründe zum Feiern. Neben dem Jubiläum hat man kürzlich neue Räume in der Jägerstraße 36 bezogen. Der Umzug ist ein weiteres Indiz auch dafür, dass die Opferberatung Bestand haben wird. Bei der Festveranstaltung zum Jubiläum erklärte der Staatssekretär des Brandenburgischen Justizministeriums, Günter Reitz, dass von Seiten der Landesregierung die Unterstützung weiterhin zugesichert werde, die nötigen Mittel bereitgestellt würden. Bislang wurde die Arbeit aus Lottomitteln gezahlt, zudem sind 15 Prozent des Etats Eigenmittel des Opferhilfe Brandenburg e.V.
Auch wenn Rosmarie Priet als einzige der sechs ausgebildeten Beraterinnen eine Zweidrittel-Stelle inne hat – die restlichen Mitarbeiter im Land müssen mit je einer halben Stelle auskommen – sei der Bedarf für mehr Beratungspersonal vorhanden. Vor allem für die Bildung von Netzwerken und für die Zusammenarbeit verschiedener Stellen fehle oft die Zeit. Kooperationen gibt es in Potsdam mit dem Opferbeauftragten der Polizei sowie der Gleichstellungs- und Ausländerbeauftragten der Stadt. Zudem wurde im März diesen Jahres eine Stalking-Fachberatung eingerichtet, „ein Delikt, das auch in Potsdam wegen der um sich greifenden Anonymität zunimmt“, wie Priet aus ihrer Beratungstätigkeit berichten konnte. Mittlerweile seien bereits elf Prozent aller Klienten wegen Stalkings in der Beratung. Doch sind die „klassischen“ Delikte Körperverletzung (33 Prozent) und Sexualstraftaten (29 Prozent) noch immer die häufigst genannten Gründe der Opfer, die um Hilfe bitten. Brandenburgweit suchten im vergangenen Jahr 414 Hilfesuchenden die Beratungsstellen auf. KG
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