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Panne im brandenburgischen Bildungsministerium: „Pädagogisch waren die Aufgaben völlig inakzeptabel“

Die Tests für das Ü7-Verfahren in Deutsch und Mathe müssen auch in Potsdam neu korrigiert werden.

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Das ist Schulleiterin Sabine Hummel von der Rosa-Luxemburg-Grundschule noch nie passiert: Ihre Sechstklässler haben wie immer im Herbst die Arbeiten in Mathe und Deutsch geschrieben, die Noten sollen wie immer in das Aufnahmeverfahren für die weiterführenden Schulen einfließen. Nur die Ergebnisse waren diesmal katastrophal. Zum Glück sei niemand durchgefallen, sagt Hummel. Die Resultate seien „höchst dramatisch“ gewesen. Die ratlosen Eltern hatten sich daraufhin an die Lehrerinnen gewandt, diese schickten einen Brief ans Ministerium und nun hat am Montag Schulleiterin Hummel die Antwort vom Land erhalten: Die Arbeiten müssen neu korrigiert werden. Das Ministerium hat zu strenge Regeln bei der Bewertung angewandt.

So wie den Schülern an der Luxemburg-Schule in der Burgstraße ergeht es derzeit einigen Zehntausend in Brandenburg. Die Aufgaben seien von Experten vom Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg konzipiert worden, sagt Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Der Fehler sei schnell bemerkt worden. „Manchmal stellt man das eben erst im Nachhinein fest.“ Eine Woche nach den Tests habe das Ministerium einen vorläufigen Korrekturstopp verhängt und nun die neuen Bewertungsmaßstäbe an die Schulen verschickt.

Man bedauere den Fehler und sei damit nicht sehr glücklich, zumal es voraussichtlich im kommenden Schuljahr den Test nicht mehr geben werde, so Breiding. Zu groß ist seit Langem die Kritik an den Vergleichsarbeiten in Jahrgangsstufe 6. Das Ergebnis des Tests fließt ein in die Entscheidung, ob die Sechstklässler eine Empfehlung für das Gymnasium bekommen. Auf Druck der Eltern war bereits die Gewichtung der Arbeiten im Übergangszeugnis für die 7. Klasse von 40 auf 20 Prozent reduziert worden.

In dem aktuellen Test mussten die Schüler in einer Unterrichtsstunde 35 Aufgaben bewältigen. Wer in einem Lückendiktat von acht Wörtern eines falsch geschrieben hat, hat keinen Punkt erhalten, selbst wenn es ein Schusselfehler war. Das Kind hätte auch gar nichts ausfüllen müssen.

„Pädagogisch völlig inakzeptabel“ ist es für Hummel, alle Kinder derart gleichzusetzen und ihnen mit solchen Bewertungsmaßstäben die Motivation zu nehmen. „Ein Unding“ nennt es auch Dagmar Graefe, Vizepräsidentin vom Brandenburger Pädagogenverband. Nicht einmal ein Erwachsener hätte ihrer Meinung nach den Test geschafft. „Das sagt schon der gesunde Menschenverstand.“ Wie es zu diesem gravierenden Fehler kommen konnte, sei ihr schleierhaft.

Auch das Ministerium hat darauf keine Antwort. Es sei ein Einzelfall, der intern ausgewertet werde, sagt Breiding. Für Dagmar Graefe vom Pädagogenverband hat der Fehler allerdings System: Es passiere immer wieder, dass die Anforderungen, auch bei den Vergleichsarbeiten in Klasse 10 und in der Abiturstufe, nicht den Rahmenlehrplänen entsprechen würden. „Die Schüler schneiden logischerweise schlecht ab, wenn im ersten Halbjahr der sechsten Klasse abgefragt wird, was sie bis Ende des Schuljahres noch lernen sollen“, kritisiert Graefe. Ihrer Meinung nach sollten wesentlich mehr Lehrkräfte aus der Praxis an der Erarbeitung der Aufgaben beteiligt werden.

Eine Unverschämtheit, wettert Graefe, dass alle Lehrer nun die Arbeiten neu bewerten müssen. Das sei natürlich mit einem erhöhten zeitlichen Aufwand für die Kollegen verbunden, sagt auch Schulleiterin Hummel. Aber sie würden es schließlich für die Kinder tun.  

Grit Weirauch

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