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Abschied von Professor Günter C. Behrmann
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„Skepsis und Engagement“, so heißt der Sammelband mit zusammengetragenen Schriften von Professor Dr. Günter C. Behrmann, den er aus Anlass seiner Emeritierung von Kollegen am Mittwochabend erhalten hat. Bei seiner Abschiedsvorlesung zeigte der Professor für Didaktik der Politischen Bildung noch einmal, wie zutreffend diese Schlagwörter für seine Karriere als Hochschullehrer waren. In einem randvollen Hörsaal sprach Behrmann leidenschaftlich zum Thema „Fachwissenschaften, Lehrerbildung und der Bildungsauftrag der Universität“. Seine Leidenschaftlichkeit würdigte auch Uni- Präsidentin Sabine Kunst: „Er hat viele Diskussionen begleitet und auch mal auf den Tisch gehauen.“ Behrmann habe die Universität, seit Beginn seiner Hochschultätigkeit im Jahr 1993, immer aktiv mitgestaltet, sagte die Präsidentin. Neben seiner Arbeit als Dekan der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät und als Vorsitzender des Senates, sei die Erneuerung des Zentrums für Lehrerbildung besonders wichtig für die Universität gewesen, so Kunst.
Der stellvertretende Leiter des Zentrums für Lehrerbildung, Prof. Dr. Martin Wilkens, verglich Behrmanns Einsatz mit der Arbeit auf einem Weinberg. Behrmann habe das „Gestrüpp“ gerodet und schließlich Trockenmauern errichtet. „Er hat niemals über hohe Belastungen geklagt“, bestätigte auch der Dekan der WiSo-Fakultät, Norbert Gronau.
Behrmann klagte auch in seiner letzten Vorlesung nicht über Belastungen, sondern kritisierte die Organisation der Lehrerbildung in der Bundesrepublik. Ob Realschule, Gesamtschule oder Hauptschule, allein schon die unterschiedlichen Bildungsgänge führten zu einer hohen Ausdifferenzierung des Lehramtsstudiums in Deutschland. Überhaupt verliere sich die Organisation der Lehrerbildung manchmal in einem Labyrinth, sagte Behrmann, der seit 2004 den Vorsitz des Senates innehatte. Eine Reduktion dieser Komplexität sei nicht in Sicht, betonte er. „Der Studienwechsel zwischen Berlin und Potsdam war noch nie so schwierig wie heute“, so Behrmann.
Die Uni Potsdam kritisierte Behrmann jedoch nicht: „Ich wollte bei meinem Abschied nicht über die Universität herziehen“, sagte er. Deshalb wies Behrmann lieber auf den „neuen PISA-Schock“, wie er es mit einem ironischen Unterton nannte, hin. Der positiven Bewertung der PISA-Studie 2006 begegnete Behrmann nämlich mit großer Skepsis. „Sie sollte eigentlich noch mehr schockieren als andere Studien“, betonte er. Insbesondere die extrem leistungsschwachen Schüler seien in dieser Studie nämlich unter den Tisch gekehrt worden, so Behrmann. Allein in Brandenburg seien 32 Prozent der Schüler an integrierten Gesamtschulen auf der ersten von sechs Kompetenzstufen anzusiedeln. „Das reicht kaum über das Grundschulniveau hinaus“, kritisierte er.
Allerdings gebe es keine praktische Lösung für dieses Problem. Eine theoretische Lösung hatte Behrmann jedoch parat. Er forderte ein komplettes Umdenken im Bildungssystem. Ein Grundverständis von Bildung müsste gestärkt werden. Bildung wieder als wichtiger Bestandteil einer Demokratie und als Menschenrecht zu sehen, legte er seinen Zuhörern nahe. „Ich denke dabei sehr stark an das Verständnis von Bildung in Amerika“, sagte er. In Deutschland gebe es dieses traditionelle Verständnis von Bildung leider nicht, so Behrmann. „Auch das Selbstverständnis der Universitäten krankt.“ Schließlich würden sich viele Universitäten lieber auf die Forschung konzentrieren, als auf den Lehrernachwuchs. Deshalb betonte Behrmann, dass die Universität Potsdam ihre Möglichkeiten in der Lehrerbildung künftig weiter ausnutzen sollte. „Dann wird sie bestimmt einmal eine Vorzeige-Uni“, sagte Behrmann – ganz ohne Skepsis. Susanna Maier
Susanna Maier
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