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Potsdamer Affären: Paffhausen droht Zahlung von Schadensersatz

Aufsichtsräte kündigen Ex-Stadtwerkechef und stornieren dessen bewilligte Millionen-Abfindung

Stand:

Der zurückgetretene Ex-Stadtwerkechef Peter Paffhausen bekommt jetzt doch keine Millionenabfindung mehr. Dafür werden gegen den 61-Jährigen jetzt Schadensersatzforderungen in mindestens fünfstelliger Höhe geprüft, außerdem wurde ihm mit sofortiger Wirkung außerordentlich gekündigt. Das erklärte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), der auch Chef der Aufsichtsräte der kommunalen Stadtwerke und ihres Tochterunternehmens Energie und Wasser Potsdam (EWP) ist, am Montagnachmittag nach Sitzungen beider Kontrollgremien. Die jeweils mit großer Mehrheit getroffene Entscheidung für die Regressforderung sei angesichts von Paffhausen verantworteter „Rechtsgeschäfte“ mit dem Drittliga-Fußballverein SV Babelsberg 03 gefallen. Diese Vereinbarungen seien an Aufsichtsräten und Gesellschafter „vorbei realisiert worden“, so Jakobs. Paffhausen war bis zu seinem Rücktritt vor einem Monat – damals noch wegen einer Spitzel-Affäre – auch Chef des Aufsichtsrats des von ihm begünstigten und chronisch in Finanznöten steckenden Fußballvereins. Wegen der Geschäfte ermittelt die Staatsanwaltschaft Potsdam wegen Untreue.

Nach derzeitigen Erkenntnissen geht es bei der Hilfe für Babelsberg Jakobs zufolge um drei Darlehen – das höchste über 180 000 Euro – mit einer Gesamtsumme von mindestens 300 000 Euro. Dazu kommen laut Jakobs fünf „sogenannte“ Bürgschaften bis zu 600 000 Euro, die allerdings bisher nie ausgezahlt worden seien. Die Vereinbarungen seien zwischen 2004 und 2010 abgeschlossen worden, mit jeweils steigenden Summen. 2003 habe der Aufsichtsrat dazu „im Nachhinein“ eine weitere Bürgschaft anerkannt. Die Darlehen, die zum Teil zinslos gewährt wurden, seien nur teilweise an die EWP zurückgezahlt worden. Der Rest des Geldes sei über die eigentliche Sponsoringtätigkeit der EWP für Babelsberg „verrechnet“ worden, so Jakobs. Daher sei auch die Höhe der Schadensersatzforderungen noch unklar, sie werde derzeit noch ermittelt. Klar sei, dass es Zinsausfälle für die EWP in Höhe von bis zu 10 000 Euro gegeben habe. Jakobs bestätigte damit auch, dass die Jahresabschlüsse der EWP an einigen Stellen „falsch“ und „unrichtig“ seien – allerdings aus jetziger Sicht nicht im strafrechtlich verwertbaren Sinn einer Bilanzfälschung. Jakobs sprach im Zusammenhang von einem „Vertrauensbruch“ Paffhausens. Die Aufsichtsräte hätten die Geschäfte als „schwerwiegende Pflichtverletzung“ gewertet, hieß es gestern in einer Mitteilung der Stadtwerke. Unklar ist, ob Paffhausen sich gegen die Aberkennung der Abfindung juristisch wehren wird. Für die PNN war der Ex-Stadtwerke-Chef gestern nicht erreichbar.

Paffhausen hatte auf Druck der Stadtverordneten zurücktreten müssen, als bekannt geworden war, dass er vor etwa zehn Jahren die Detektei eines ehemaligen Stasi-Spitzels beauftragt hatte, eine andere städtische Firma auszuspähen. Zudem konnte er nicht belegen, für welche Aufgaben die Detektei bis 2010 rund 500 000 Euro erhalten hat. Dies hatte der EWP-Aufsichtsrat unter Jakobs allerdings nur gerügt und den nun gekündigten Aufhebungsvertrag für Paffhausen gebilligt, der nach PNN-Informationen rund 1,4 Millionen Euro Abfindung vorgesehen hatte, die Ende Juni gezahlt worden wären. Auch hatte Jakobs damals noch die Verdienste von Paffhausen gewürdigt: „Das ist für Potsdam ein herber Verlust.“

Zu seinem Kurswechsel sagte Jakobs, er kenne mittlerweile Sachverhalte, „von denen ich vorher keine Ahnung hatte“. Ob er Paffhausen sofort nach den ersten Vorwürfen hätte beurlauben sollen, statt einen Abfindungsvertrag abzuschließen, wollte Jakobs nicht weiter kommentieren: „Das ist müßig zu diskutieren.“ Jakobs Sprecher Stefan Schulz sagte, gegen eine Beurlaubung Paffhausens habe es auch arbeitsrechtliche Bedenken gegeben. Insgesamt sei die gesamte Affäre auch für ihn ein „schmerzhafter Lernprozess“, so Jakobs. Ob er weiter Chef beider Aufsichtsräte bleibe, sollen die Stadtverordneten entscheiden: „Ich klebe nicht an diesem Sessel.“ Nun sollten – etwa in der von den Stadtverordneten beschlossenen und ab heute tagenden Transparenzkommission – Vorkehrungen getroffen werden, um derartige Vorgänge in Zukunft auszuschließen, so Jakobs. So dürfte es Ämterkonstellationen wie bei Paffhausen künftig nicht mehr geben.

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