
© Andreas Klaer
Von Erhart Hohenstein: Pantoffeln sind Geschichte
Besucher können das Neue Palais ab 2011 in Straßenschuhen erkunden – dank eines „Laufstegs“
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Sanssouci - Im Schloss Sanssouci sind sie seit zwei Jahren Geschichte, am Neuen Palais demnächst auch: Die früher üblichen Filzpantoffeln. Denn ab Saisonbeginn 2011 können Besucher des Neuen Palais ihre Straßenschuhe anbehalten – dank eines speziellen „Laufstegs“. Das erfuhren die PNN von Susanne Alimoradian. Die Restauratorin leitet in der Schlösserstiftung eine Arbeitsgruppe für den Schutz der edlen Marmor- und Holzfußböden. Ihr gehören Denkmalpfleger, Schlosskastellane, Restauratoren und eine Verwaltungsmitarbeiterin an.
Die Gruppe hatte ihre Tätigkeit mit einem Pilotprojekt für das Weinbergschloss begonnen. Hier wurde vor dem Besuchereingang eine so genannte „Sauberlaufzone“ zur Reinigung der Schuhe angelegt. Der etwa zehn Meter lange Laufsteg besteht aus einer Klinker-Pflasterung und in die Laufstrecke eingefügten Borstenabtretern. Sie sind an die Regenentwässerung angeschlossen und können zum Säubern herausgenommen werden. Im Vorjahr wurden die Besucherlaufwege durchs Schloss dann mit bräunlichen Läufern ausgelegt. Sie verdecken zwar einen Teil der kostbar gearbeiteten Fußböden, sichern aber ihren Schutz.
Die Verlegung der Teppichläufer, verbunden mit deren sorgfältiger Pflege, habe sich voll bewährt, erklärte Susanne Alimoradian. Deshalb werden sie mit Saisonbeginn 2011 nun auch im Neuen Palais eingeführt. Vor den Besuchereingängen des größten Potsdamer Königsschlosses wurden schon in dieser Saison Gummiwabenmatten ausgelegt. Sie erfüllen den gleichen Zweck der Vorreinigung der Schuhe wie der „Laufsteg“ vor Schloss Sanssouci. Die Schutzmaßnahmen dienen auch der großen Friedrich-Ausstellung, die zum 300. Geburtstag des Preußenkönigs 2012 im Fürstenquartier gezeigt wird. Dann werden Zehntausende zusätzliche Besucher erwartet.
Die Projektgruppe mit Susanne Alimoradian war 2004 gebildet worden. Damals gab es Experten-Warnungen, dass Pantoffeln keinen geeigneten Schutz für die Fußböden bieten. Aus ihnen rieselt der an den Schuhen mit hinein getragene Sand hinten heraus und setzt sich in den Sohlen der Nachfolgenden fest. Die polieren dann die Fußböden und schleifen sie auf Millimeterstärke ab, was langsam, aber unaufhaltsam zur Zerstörung führt. Verschärfend wirkte sich aus, dass in Pantoffeln nicht gelaufen, sondern geschlurft wird.
Wie Restauratorin Alimoradian erklärte, sollen die Schutzmaßnahmen auf weitere Schlösser ausgedehnt werden. Das Problem betrifft insgesamt 3500 Quadratmeter Fläche in Schloss Sanssouci, im Neuen Palais, im Marmorpalais und in der Friedenskirche. Möglich sind jedoch auch andere Lösungen. So wurde in der Bildergalerie über die erhaltenen Reste des historischen Steinfußbodens eine Glasbrücke gezogen. Einen besonderen Vorschlag verwirklicht die Stiftung im so genannten Tassenkopfzimmer des Neuen Palais. Für dessen kostbaren, mit Blumenintarsien geschmückten Holzfußboden wurde aus Echtholz eine detailgetreue Kopie angefertigt, die über das Original gelegt wird. Die Zeit der Schlosspantoffeln, von denen etwa 1100 Paar für die Besucher bereitstanden nähert sich dem Ende. Sie sind übrigens bereits auf einem um 1870 entstandenen Foto des Raffelsaals der Orangerie zu erkennen, haben also eine 140-jährige Tradition. Auch die Problematik des Abschleifens der Fußböden war bekannt. In den Kellern des Neuen Palais wurde eine Maschine gefunden, die der Pantoffelreinigung diente. In dieser wurden die Überschuhe mittels elektrisch betriebener Lederriemen „ausgeklopft“.
Erhart Hohenstein
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