zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Parkbilder drohen wegzubrechen“

Gartendirektor Michael Rohde über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Welterbeparks

Vor allem Rotbuchen, Stieleichen und Eiben erleiden in den Welterbeparks zunehmend Astbrüche oder stürzen gar ganz um. Sind das Zeichen des Klimanwandels – und wie sehen Sie die dadurch veränderte Situation für die historischen Gärten?

Die Auswirkungen sind noch nicht dramatisch, aber besonders in Berlin-Brandenburg sehr ernst zu nehmen. Für die Gärten werden sich mittelfristig drei Komponenten drastischer auswirken: Die Durchschnittstemperaturen werden sich weiter kontinuierlich erhöhen, mit wärmeren Wintern und häufigeren Hitze- und Trockenperioden im Sommer. Die Niederschlagsmengen werden allmählich abnehmen und Wassermangel verursachen. Wetterextreme nehmen zu, zum Beispiel Starkregen und Stürme. Die langjährigen Erfahrungen unserer Fachbereichleiter und Gärtner sind besonders wertvoll, denn sie beobachten und betreuen tagtäglich Veränderungen innerhalb der spezifischen Vegetation, und dies im Zusammenhang mit den Wetter-, Boden- und Faunaverhältnissen. Durch wärmere Winter geraten hauptsächlich ältere Bäume und Sträucher zunehmend unter Stress und werden anfälliger gegenüber Schädlingen. Längere Trockenperioden und erhöhte Grundwasserschwankungen im Sommer verzögern beziehungsweise verhindern das Pflanzenwachstum. Geschwächte Bäume stellen bei zunehmenden Stürmen ein erhöhtes Verkehrssicherheitsrisiko dar. Häufigere Starkregen führen zu Erosionserscheinungen in neuer Dimension, insbesondere an Parkwegen in Hanglage.

Welche Schlussfolgerungen werden aus solchen Beobachtungen gezogen?

Wir stehen vor einer bislang nicht bekannten Herausforderung. Die Pflegemaßnahmen in den Gärten werden – im Gegensatz zur Erhaltung von Gebäuden oder Skulpturen – noch anspruchvoller. Gartenkünstler wie Lenné und Pückler haben vor rund 150 bis 200 Jahren ideale Parkbilder geschaffen, die bereits zu ihren Lebzeiten als Kunstwerke angesehen worden sind. Trotz ständiger, vorbildlicher gartendenkmalpflegerischer Betreuung drohen nun manche gewachsene Parkbilder „wegzubrechen“, nicht nur mit Erreichen ihrer natürlichen Lebensgrenzen, sondern aufgrund veränderter Umweltbedingungen auch frühzeitiger. Wir haben deshalb künftig die Pflegeintensität nach mehreren Aspekten zu verstärken, zum Beispiel die Regenerationsmaßnahmen in den Altholzbeständen. Auch fachgerechte Nachpflanzungen werden aufgrund der erschwerten Wachstumsbedingungen problematischer und langwieriger.

Wie wollen Sie diese durch den Klimawandel weiter komplizierten Aufgaben ohne zusätzliches Gärtnerpersonal erfüllen?

Die Pflegestrategie muss auf den Prüfstand. Es sind seit rund 15 Jahren jedoch mehrere neue Gärten wie auch viele Hektar wiederhergestellte und dadurch pflegeintensive Gartenbereiche in der Verantwortung der Stiftungsverwaltung. Zusätzlich werden wir die Auswirkungen des Klimawandels zu bewältigen haben. Auf der Grundlage der in Arbeit befindlichen Denkmalkonzepte für die Gärten werden zum Beispiel nun jährlich rund 150 000 bis 250 000 Euro für Wegesanierungen eingesetzt. Ziel ist es, Erosionen an den Wegedeckschichten durch Ableitungen und verbesserte Dränagen vorzubeugen, auch, um das Niederschlagswasser optimiert in den Gärten zu halten. Die Gartenabteilung führt seit rund 20 Jahren Messungen von Grundwasserständen durch, um durch punktuelle Bewässerung des Gehölzbestandes reagieren zu können. Wir wissen, dass gezielte Bodenverbesserungen und Düngungen für die Vitalität der Bäume von hoher Bedeutung sind. Eine ständige künstliche Bewässerung der gesamten rund 750 Hektar intensiv gestalteten Gartenflächen wäre jedoch unsinnig, denn die lebendigen Gartenkunstwerke sind Teil unserer Umwelt. Um die Nachpflanzung authentischer Gehölzarten an historischen Standorten zu gewährleisten, arbeiten wir mit Baumschulen, Hochschulen oder der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zusammen und pflegen wissenschaftlichen Austausch, unter anderem mit dem GartenForum Glienicke oder auf der jährlichen Dendrologentagung.

Die Stiftung hat sich also auf die möglichen Folgen des Klimawandels bestens vorbereitet?

Wir legen die Hände nicht in den Schoß. Eins möchte ich jedoch klarstellen: Es wird aller Voraussicht zu einer deutlichen Erwärmung und Zunahme von Wetterextremen bei abnehmenden Niederschlägen und Grundwasserabsenkungen kommen. Davon wird das Land Brandenburg mit seinen grundwasserfernen Sandböden in Deutschland am stärksten betroffen sein. Für die Erhaltung und Pflege der Welterbeparks, die gleichzeitig eine hohe Bedeutung als Naturraum besitzen und eine wichtige Wirkung auf das Klima mit geringeren und deutlichen kühleren Temperaturschwankungen während des Hochsommers haben, bringt das eine komplizierte Situation. Wir können jedoch auf eine rund 250-jährige Tradition von Erfahrungen in der Gartenpflege zurückgreifen. Die AG Deutsche Schlösserverwaltungen hat kürzlich bestätigt, dass für eine nachhaltige Sicherstellung der Qualität der Gartenanlagen der überwiegende Teil qualifizierter und hochwertiger Arbeiten in Eigenregie notwendig ist, der nicht übertragbar ist.

Die Fragen stellte Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false