Landeshauptstadt: Parkordnung ließ sich nicht durchsetzen
„Rasenlatschen“ im Park Sanssouci endet friedlich / Stadtjugendring protestiert im Park Babelsberg
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Sanssouci/ Babelsberg – Ratlos sahen die Mitarbeiter der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten aus. Sie mussten gestern untätig bis zu 120 Potsdamern dabei zusehen, wie diese auf dem Rasen im Park Sanssouci saßen, picknickten, mit Frisbee-Scheiben warfen und einige Hunde frei laufen ließen – sich also bewusst nicht um die neue Parkordnung und ihre Verbote kümmerten. „Das ist Hausfriedensbruch, wir werden uns eine Anzeige vorbehalten“, sagte Heinz Berg, Verwaltungschef der Stiftung angesichts des Protests.
Seit einem halben Jahr wird in Potsdam erbittert um die neue Parkordnung der Schlösserstiftung gestritten. Nunmehr kann die Stiftung auch selber Bußgelder erheben. Während die Stiftung auf ihren Auftrag zur Bewahrung der historischen Parks und Schlösser hinweist, fordern Kritiker, die zum Unesco-Welterbe gehörenden Anlagen für Freizeitaktivitäten der Potsdamer zu öffnen.
Zu dem „Rasenlatschen“ hatte der Potsdamer Fachhochschulmitarbeiter Jan Gabbert seit vergangenem Donnerstag im Internet und mit Flyern aufgerufen. „Ich sehe dies als Form des zivilen Ungehorsams, um gegen die neue Parkordnung und ihre Durchsetzung öffentlich zu protestieren“, so Gabbert. Es könne nicht sein, dass Sicherheitsleute der Stiftung Kinder vom Rasen „verscheuche“ und Anwohner kriminalisiert würden. „Natürlich muss es im Weltkulturerbe einige Restriktionen geben, doch kann eine Stiftung nicht alles plötzlich verbieten“, so Gabbert. Seinem Aufruf folgten ab 15 Uhr vor allem junge Leute, etwa die Hälfte aus der linken Szene der Stadt. Auch die Stiftung war vorher informiert: Laut Gabbert habe er einen „sachlichen“ Anruf von Pressesprecherin Elvira Kühn erhalten, die ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass so eine Aktion illegal sei – von weiteren Drohungen habe sie allerdings abgesehen.
Kurz nach Aktionsbeginn erschienen zwei Parkwächter der Stiftung, dazu mehrere Mitarbeiter. Die Drohung, dass die Stiftung ihr Hausrecht durchsetzen werde, quittierten die Protestierer mit Klatschen. Daraufhin verständigten die Sicherheitsleute die Polizei. Allerdings sahen sich die zwei eintreffenden Polizisten nicht zum Eingreifen berechtigt – und beriefen sich auf Verhandlungen zwischen ihren Vorgesetzten und der Stiftung. Zudem wiesen sie auf die Gefahr einer Räumung hin: Dann würden mehr solcher Aktionen mit mehr Teilnehmern stattfinden. Schließlich einigten sich die Beamten mit Initiator Jan Gabbert auf das Protestende um 18 Uhr. Zu dieser Zeit sammelten die Teilnehmer ihren Müll ein. „Wir werden vorerst nicht zu weiteren Aktionen aufrufen, aber natürlich können auch Andere so wie wir handeln“, so Gabbert.
Auch im Park Babelsberg wurde gestern gegen die Schlösserstiftung Stimmung gemacht. Dort protestierte der Stadtjugendring (SJR) mit einer satirischen Aktion gegen die Parkordnung. „Das Vorgehen der Stiftung ist familienunfreundlich“, sagte SJR-Geschäftsführer Dirk Harder. Es müssten mehr Flächen als Liegewiese freigegeben werden. Unterstützung für beide Aktionen kam von Niklas Wanke von der Bürgerinitiative Babelsberg. Er kündigte für Mitte Juni eine Begehung des Babelsberger Parks mit Vertretern der Stiftung an. Bisher habe seine Initiative 7000 Unterschriften gegen die Parkordnung gesammelt.
Zu solchem Protest dürfte sich die Stiftung auch morgen äußern. Dann soll öffentlich eine erste Bilanz zur neuen Parkordnung gezogen werden. „Das ist eine gesellschaftspolitische Diskussion: Wollen wir in Potsdam Welterbe-Parks oder einen Bolzplatz“, so Heinz Berg von der Schlösserstiftung. Potsdam bezahle bisher keinen Pfennig für die Parks – dies würde sich ohne den Welterbe-Status jedoch ändern, so Berg.
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