Von Henri Kramer: Partyboot gesucht
Der junge Verein Tumult e.V. organisiert Partyrock-Konzerte und will Potsdams Jugendkultur beleben
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Die Szene ist bizarr und für die späte Uhrzeit erheiternd zugleich: Der Sänger von Stronger Than Emo erscheint in einem dermaßen aufgeblähten Sportler-Kostüm auf der Bühne, dass sein Kopf nur noch wie ein Köpfchen auf einem viel zu fetten Körper wirkt. Selbst seine Bandkollegen müssen über den Aufzug lachen. Sie grienen selbst dann noch, als sie schließlich zum Pogo-Hardcore-Punk-Angriff blasen. Grüner Pfeffi-Schnaps für einen Euro fließt. Mehr als hundert Zuschauer feiern. So vergnügliche Abende wie vor einem Monat wollen die jungen Veranstalter des Tumult e.V. regelmäßig für Potsdams Rock-Szene veranstalten. Am kommenden Samstag startet der nächste Versuch.
Rückschau: Der Verein existiert seit diesem Frühjahr, als immer klarer wurde, dass Potsdams Jugendkultur ernste Schwierigkeiten bekommt. Und: „Wir haben unsere Lieblingsmusik viel zu selten im Potsdamer Veranstaltungskalender gefunden“, sagt Toralf Babel vom Vorstand des Vereins. Gemeinsam mit seinem 27 Jahre alten Kumpel Florian Kraatz und neun anderen Freunden gründete er den Tumult e.V., einige der Mitglieder kommen von den Partyrockern der Turbojugend Potsdam. Im Club Charlotte in der Charlottenstraße finden die jungen Veranstalter bald einen Raum. Seither hat der Verein fünf Konzerte organisiert, bis zu 160 Gäste kamen. „Wir sind sehr zufrieden, es läuft gut“, sagt Dirk Buchholz. Der ehemalige Stadtverordnete aus dem Bürgerbündnis engagiert sich als „Privatperson“ für den Verein.
Das Konzept des Tumult e.V. ist für Potsdams aktuelle Partylandschaft einzigartig, weil der Verein vor allem auf Gitarrenmusik setzt, die möglichst noch von Bands aus der Region gespielt wird. Zudem agiert die Gruppe im Vergleich zu anderen alternativen Kultur-Initiativen erklärtermaßen unpolitisch. „Wir möchten vor allem Spaß und gute Laune verbreiten“, sagt Toralf. Die organisierten Konzerte kosten nicht mehr als fünf Euro, das Risiko übernehmen die Verantwortlichen. Deswegen sollen nun Projektfördergeld aus dem Kulturetat der Stadt beantragt werden. „Dann hätten wir etwas mehr Spielraum für unsere Pläne“, erklärt Toralf hoffnungsvoll. Zudem sei dann im kommenden Jahr mehr möglich als nur ein Konzert im Monat, selbst Lesungen seien vorstellbar, so der 34-Jährige weiter. Ebenso werde vorbereitet, vielleicht mit der Weißen Flotte zusammenzuarbeiten – für eine Rock-Party auf See. „Den Einzug in eine geeignete Lokalität strebt der Verein ab 2010 ausdrücklich an“, heißt es zudem im Konzeptpapier des Tumult e.V.; ein erstes Vorstellungsgespräch im städtischen Fachbereich Kultur gab es schon. Doch sind viele Ideen noch Zukunftsgespinste. Aktuell müssen die Vereinsmitglieder die nächsten Konzerte vorbereiten. Bei der Auswahl der Bands ist jeder gefragt: Wer neue Musik im Internetportal MySpace findet oder bei Konzerten erlebt, könne sie vorschlagen. „Diese Entscheidung fällt auch demokratisch“, so Toralf.
So hat es nun die Bad Brians aus Berlin nach Potsdam verschlagen. Bekannt sind sie für Coverversionen aus dem unendlichen Fundus der Punk- und Hardcoregeschichte. Ab 21 Uhr beginnt die Feier am 8. November, die von Dirty White Sox aus Kleinmachnow eröffnet wird. Danach folgt wie immer eine Aftershow-Party. Mit drolligen Momenten wie bei Stronger Than Emo und ihrem aufblasbaren Sänger darf gerechnet werden.
Im Internet:
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