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Landeshauptstadt: Perlen des Glaubens

Religionswoche beim Berufsbildungswerk: 180 Azubis philosophieren, kochen und sammeln Perlen

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Der „rote Faden“ hat Katrin noch nicht überzeugt. „Perlen der Weisheit – Perlen des Glaubens“ soll die 19-Jährige bis Freitag auf das Band fädeln. Am Berufsbildungswerk im Oberlinhaus (BBW) in der Steinstraße, wo Katrin Bürokraft lernt, eröffnete gestern Morgen die „Religionsphilosophische Woche“. Den roten Faden, den die 180 Teilnehmer zu Beginn ausgehändigt bekamen, packt Katrin in ihren Rucksack und ist skeptisch: „Ich weiß ja nicht einmal, welche Religion ich habe“, sagt sie.

Die Woche findet bereits zum fünften Mal am BBW statt, wo insgesamt 650 Jugendliche mit Behinderungen ausgebildet werden. Seit vergangenem Jahr nehmen daran alle Auszubildenden des ersten Lehrjahres teil, erklärt BBW-Sprecherin Birgit Fischer. In 16 Workshops setzten sie sich mit philosophischen Themen und den Weltreligionen auseinander. Das sei Teil der diakonischen Tradition, begründet Matthias Amme, Pfarrer der Oberlin-Kirchengemeinde. Bei der Workshop-Arbeit teilen die Leiter dann in einem Ritual die Perlen für den „roten Faden“ aus.

Das Leben sei eine „Suchbewegung“, „eine Expedition zu dem, was Spaß macht“, erklärte Generalsuperintendent Hans-Ulrich Schulz den Jugendlichen zur Eröffnung und zitierte aus dem Neuen Testament: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ Aus der Religion könne er die Kraft zur Empörung über Ungerechtigkeiten schöpfen, so Schulz.

Katrin fand diese Begrüßungsworte „ziemlich langweilig“. Trotzdem hofft sie, dass ihr Workshopleiter ihr „die Religion ein bisschen näher bringt“. Für die 19-Jährige ist es „Erholung von der Schule“. „Wir lassen und überraschen“, sagt ihre Klassenkameradin Alexandra abwartend.

Da hat David schon konkretere Erwartungen. Der angehende Kaufmann im Gesundheitswesen besucht den Workshop „Kaffee, Kebab und Koran“. Warum? „Ich habe später auch mit Leuten zu tun, die diese Religion vertreten“, erklärt der 24-Jährige. Deshalb habe er sich über den Islam informieren wollen: „Man möchte ja Umgangsfehler vermeiden.“ Er sei politisch sehr interessiert und wolle auch die Hintergründe von Medienberichten über Ehrenmorde und Kopftuchstreit verstehen.

„Wir beten nicht Richtung Mekka“, stellt Workshopleiterin Petra Leukert klar. Mit den acht Teilnehmern will die Pfarrerin stattdessen „dem Islam kulturell-kulinarisch nachspüren“. So steht heute ein Ausflug nach Berlin Neukölln auf dem Programm: Dort wollen die „Perlensucher“ die Sehitlik Moschee besichtigen und sich bei einer Führung über die islamische Religion informieren. Übermorgen soll dann gekocht werden: Zum Beispiel Harira, eine kräftige Suppe mit Kichererbsen und Fleisch, die die Moslems im Fastenmonat Ramadan nach Sonnenuntergang essen. Zwar gebe es am BBW Projekte mit anderen Landesküchen, sagt Petra Reiber, Ausbilderin für Hauswirtschaft: Dabei werde es aber meist „italienisch“.

Die Religionswoche ist auch für David Neuland: „Man hat mit Religion doch nicht so viel zu tun“, konstatiert der 24-Jährige. Vielleicht sei das aber auch eine Altersfrage, überlegt er: „Spätestens wenn man alt ist, dann kommen die Fragen.“ Jana Haase

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