Landeshauptstadt: Perlende Fontänen am Neuen Palais
Seit Jahrzehnten funktionsuntüchtig, werden sie zur Schlössernacht erstmals wieder springen
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Sanssouci - Im Gartenparterre vor dem Neuen Palais sollen in Kürze die beiden stillgelegten Fontänen wieder springen. Die Einweihung ist anlässlich der Schlössernacht am 18. August vorgesehen, und das nicht ohne Grund: Die Arbeitsgemeinschaft (Arge) für das alljährliche Kulturfest im Park Sanssouci finanzierte aus Eintrittsgeldern des Vorjahres die Restaurierung wesentlich mit. Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten hat die aus Ziegelmauerwerk und Hartsandstein bestehenden Becken durch die Uetzer Steinmetzfirma Roberto Lorenz reparieren und unter Leitung des Töplitzer Ingenieurbüros Lindorf die technischen Anlagen erneuern lassen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Wasser mit angesaugter Luft mischen, weshalb die Strahlen nicht glatt, sondern perlend aufsteigen. Dafür wird ein so genanntes Injektionsverfahren angewendet, das über Öffnungen in den Düsen Luft zuführt.
Diese Raffinesse hatte sich Kaiser Wilhelm II. einfallen lassen, als er 1889 den Einbau der beiden kreisrunden Becken von je 11 Meter Durchmesser anordnete. Sie wurden links und rechts der Hauptallee in die Mitte der beiden Viertelkreise des Gartenparterres gesetzt. Dort lösten sie bunt bepflanzte Blumenbeete ab, die zu der von seiner Mutter Victoria (Vicky) veranlassten und von Hofgärtner Emil Sello ausgeführten Gestaltung gehörten. Auch in diesem Fall kleckerte Wilhelm nicht, sondern klotzte. Für den Betrieb der beiden Fontänen mit ihren jeweils sechs Strahlendüsen waren stündlich 50 000 Liter Wasser erforderlich, wofür von der Orangerie aus eine zusätzliche, sechs Zoll starke Rohrleitung herangeführt werden musste.
Wilhelm hatte nach dem Tod seines Vaters, Kaiser Friedrich III., wenige Monate zuvor den Thron bestiegen und wie seine Eltern das Neue Palais zur Sommerresidenz gewählt. Seiner Mutter wies er einen Witwensitz auf Schloss Friedrichshof im Taunus zu.
Im Umfeld des Neuen Palais entstanden damals unter anderem der heute von der Universität genutzte Marstallkomplex, der Kaiserbahnhof, nach Restaurierung jetzt Schulungsstätte der Deutschen Bahn AG, und das inzwischen ebenfalls sanierte kaiserliche Postamt, nunmehr Sitz eines Unternehmens. Damit fügte der Kaiser für die Regierungspraxis wichtige, aber auch seinem Repräsentationsbedürfnis dienende Bauten hinzu. Unter diesem Gesichtpunkt ist sicher auch die große Fontänenanlage zu bewerten.
Die Fontänen springen allerdings schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Da die Leitungen und technischen Anlagen defekt waren, brachten sie bis in die 60er Jahre allenfalls ein müdes Sprudeln hervor und wurden dann ganz stillgelegt. Nun erleben sie ihre Renaissance. Für den auf das Neue Palais zuwandernden Spaziergänger werden sie neue, ungewohnte Bilder öffnen. In einem zweiten Bauabschnitt müssen noch die unter der Erde verlaufenden Kanäle erneuert werden, die das Fontänenwasser ableiten.
Mit der Wiederherstellung der Anlage folgt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten ihrem Ziel, im und am Neuen Palais neben der Epoche Friedrichs des Großen auch die Spuren der Kaiserzeit sichtbar zu machen. Die ARGE Schlössernacht will dieses Anliegen weiterhin unterstützen. So wird aus den diesjährigen Einnahmen die Restaurierung des derzeit eingelagerten so genannten Posttores zwischen Kaiserlicher Post und Park Sanssouci mitfinanziert. In einer Installation soll dieses Vorhaben zur Schlössernacht am 18. August mit vorgestellt werden.
Erhart Hohenstein
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