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Der Schutz von Kindern vor zum Beispiel Verwahrlosung gehört zu den kommunalen Pflichtaufgaben.

© Nicolas Armer/dpa

Personalnot beim Kinderschutz: Mitarbeiter:innen im Potsdamer Jugendamt „am Limit“

2019 warnten Angestellte vor Überlastung, sollte eine 24-Stunden-Rufbereitschaft gelten. Nun sorgt dieses Modell für zu viel Stress im Amt.

Die für Familienhilfe und Kinderschutz zuständigen Mitarbeiter des Potsdamer Jugendamts leiden offenbar unter massiver Personalnot. Darüber haben die Stadtverordneten am Mittwochabend debattiert. Teils hätten Mitarbeiter bis zu 70 Fälle gleichzeitig auf dem Tisch, teils mit komplexen Familienproblemen.

Fachlich empfohlen seien aber nur 35 Vorgänge auf einmal, hieß es in einem Antrag der Grünen und der Linken für eine schnelle Entlastung der Behörde. Immerhin werden dort auch besonders sensible Verdachtsfälle auf Kindeswohlgefährdung oder Verwahrlosung behandelt.

Die Überlastungsanzeigen, der hohe Krankenstand und die Fluktuation in der Behörde führten dazu, dass die verbliebenen Mitarbeiter „am Limit“ arbeiten müssten, kritisierte die Grünen-Stadtverordnete Wiebke Bartelt. Eine seit Januar eingeführte 24-Stunden-Rufbereitschaft habe das Arbeitsaufkommen zusätzlich erhöht, hieß es. Tiemo Reimann (SPD) sagte, die Arbeitsbedingungen müssten sich drastisch verbessern. Der Vorstoß von Grünen und Linken soll nun im Hauptausschuss final beraten werden.

Dezernentin will neue Stellen schaffen

Die für die Behörde verantwortliche Jugenddezernentin Noosha Aubel (parteilos) räumte ein, die Dienstvereinbarung zur Rufbereitschaft sei vom Personalrat im Rathaus zum Ende des Jahres 2023 gekündigt worden. Der Kinderschutz und eine Telefon-Hotline unter (0331) 289 30 30 seien demnach zwar noch gewährleistet und würden angeboten. Sie wolle in dem Bereich aber unmittelbar sechs weitere Stellen schaffen. Diese würden jetzt ausgeschrieben. Auch kündigte Aubel weitere Gespräche mit dem Personalrat an.

Potsdams Familiendezernentin Noosha Aubel (parteilos).
Potsdams Familiendezernentin Noosha Aubel (parteilos).

© Ottmar Winter

In einer Pressemitteilung des Rathauses hieß es, gerade die umstrittene Vereinbarung zur Rufbereitschaft solle überarbeitet werden. „Die verbleibende Zeit wird genutzt, um das Verfahren weiter zu optimieren“, sagte Stadtsprecherin Christine Homann auf Anfrage. Die Rufbereitschaft habe zwischen Januar und Ende Juni 2022 zu 126 Einsätzen für die Mitarbeiter geführt.

Die Rufbereitschaft wird von Teilen der Mitarbeitenden als zusätzliche Belastung empfunden.

Potsdams Stadtsprecherin Christine Homann

Zugleich räumte sie ein, in der Behörde lägen Überlastungsanzeigen einzelner Mitarbeiter:innen und von ganzen Teams vor. „Fakt ist, dass die Rufbereitschaft von Teilen der Mitarbeitenden als zusätzliche Belastung empfunden wird.“ Seit Einführung des neuen Modells hätten drei Mitarbeitende gekündigt, eine Mitarbeiterin habe im Rathaus eine neue Stelle. Zwischen diesen drei schlechten Nachrichten und der Einführung der Rufbereitschaft gebe es aber „nicht zwangsläufig“ einen alleinigen kausalen Zusammenhang, so die Sprecherin.

Ganz überraschend sind die Probleme nicht. Ende 2019 hatten Mitarbeiter im Amt den PNN anonym ihre Ängste vor der damals noch geplanten Einführung der Rufbereitschaft außerhalb der Dienstzeiten geschildert. Schon damals war von chronischer Überlastung die Rede.

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