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Die Fraktion der Linke im Potsdamer Rathaus, Anita Tack, Rolf Kutzmutz und Hans-Jürgen Scharfenberg (vorne v.l.) wird ohne ihr 17. Mitglied auskommen müssen: Pete Heuer tritt aus der Fraktion aus. Die Linke bleibt aber stärkste Fraktion vor der SPD.

© Manfred Thomas

Von Jan Brunzlow: Pete Heuer tritt aus Linksfraktion aus

Stadtverordneter attackiert Hans-Jürgen Scharfenberg und ist damit nicht der Erste: Kritik an Führungsstil

Stand:

Die Potsdamer Linke steht zwei Wochen vor der Landtagswahl vor einer internen Zerreißprobe. Der Stadtverordnete Pete Heuer hat dem Potsdamer Fraktionsvorsitzenden Hans-Jürgen Scharfenberg mangelnde Solidarität sowie die Verantwortung für eine Isolation der Linken seit der Kommunalwahl vorgeworfen. Scharfenberg sei dafür verantwortlich, dass es kein rot-rotes Bündnis in der Landeshauptstadt gebe. Die Konsequenz aus den Querelen und Unstimmigkeiten zwischen ihm, dem früheren Kreisvorsitzenden, und Scharfenberg in den letzten Wochen: Er verlässt mit sofortiger Wirkung die Fraktion Die Linke und wird vorerst fraktionsloser Stadtverordneter. Die Potsdamer Linke bleibt dennoch mit 16 Stadtverordneten stärkste Fraktion vor der SPD (15), die allerdings in einer Kooperation mit der CDU, FDP und den Bündnisgrünen die Mehrheit hat.

Heuer ist Referent bei der Landtagsfraktion der Linken und früherer Kreisvorsitzender in Potsdam. Seit Monaten liegt er im Clinch mit Scharfenberg und seinem Führungsstil und kokettiert immer wieder mit einem rot-roten Bündnis in Potsdam. „Wir sind die stärkste Fraktion und dennoch weitestgehend isoliert“, erklärte Heuer gestern. Nach der Wahl hat es ein Acht-Augen-Gespräch bei Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gegeben, doch eine Zusammenarbeit „ist gescheitert an Scharfenberg“, so Heuer. „Das ist politisch unverantwortlich.“ Dadurch sei der Linken eine deutlich stärkere Rolle innerhalb der Stadt abhanden gekommen. Mit einer rot-roten Kooperation wäre vielleicht sogar die Besetzung eines Beigeordnetenpostens möglich gewesen. „Das frustriert auf Dauer“, so Heuer. Innerhalb der Fraktion gebe es die Bereitschaft, Absprachen mit anderen Fraktionen zu treffen. Doch dies würde durch die „Hü-Hott-Politik“ Scharfenbergs, so Heuer, kaum möglich.

Eine Annäherung zu einem rot-roten Bündnis in Potsdam wird auch von anderen Linke-Stadtverordneten befürwortet. Innerhalb der Partei kursiert ein Schreiben unter der Überschrift „Wie können wir Mehrheiten bilden?“. Heuer erklärte, er sei nicht Initiator des Schreibens. Darin werden genau Heuers Beweggründe, die zum Fraktionsaustritt führten, angesprochen. „Wenn die Linke etwas für die Menschen in unserer Stadt bewirken wollen, müssen wir etwas verändern. Darüber sollten wir ins Gespräch kommen“, heißt es in dem Schreiben. Und weiter: „Wir sind für einen Neuanfang: Für eine Richtungsentscheidung Rot-Rot.“ Bereits vor einigen Jahren hatten Heuer und Mike Schubert (SPD) ein gemeinsames Strategiepapier über eine Annäherung vorgelegt – ohne weitere Ergebnisse.

Scharfenberg reagierte gestern gelassen auf die Ankündigung Heuers. „Es hat ein gespanntes Verhältnis zwischen der Fraktion und Herrn Heuer gegeben“, sagte er. Doch gebe es eine „stabile Fraktion und einen guten Zusammenhalt“. Das sieht Heuer anders, ein Generationswechsel habe nie stattgefunden. Der Versuch, neue, junge Linke durch ein Mentoringprogramm an die Stadtfraktion heranzuführen, habe nicht funktioniert. Er kritisiert zudem Scharfenberg für seine Art, eine Fraktion zu führen. „Im Umgang untereinander wird der Maßstab, den wir im sozialen Miteinander an die Gesellschaft stellen, kaum noch beachtet“, so Heuer.

Heuer ist nicht der erste, der unter der Ägide Scharfenberg die Reißleine zieht. Schon Julia Laabs, André Stephan und Jura Schöder hatten der Fraktion in den vergangenen Jahren im Streit den Rücken gekehrt und den Führungsstil Scharfenbergs moniert. Heuer will indes im Unterschied zu manch anderem Parteibuch und Sitz in der Stadtverordnetenversammlung behalten. Zumindest bis Ende des Jahres: Dann werde überlegt, wie mit der Situation weiter umzugehen ist.

Die Linke taumelte bereits vor der Kommunalwahl im vergangenen Jahr an einem größeren Streit vorbei. Schon im August 2008 hat Heuer Scharfenberg vorgeworfen, sich nicht an die besprochene Linie der Partei zu halten. Scharfenberg sagt nun andererseits, Heuer schade mit seinem Verhalten der Partei. Und ihm persönlich im Landtagswahlkampf. Heuer hält dagegen mit dem Zitat einer Parteikollegin: „Parteidisziplin hat uns immer kaputt gemacht.“

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