Landeshauptstadt: Pferdebahn auf Bummelboulevard
100 Jahre elektrische Straßenbahn in Potsdam: „TramTours spezial“ mit dem Jubiläumscombino
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Im Jahre 1907 fuhr die erste elektrische Straßenbahn durch Potsdam, ein Jubiläum, das Anlass zum historischen Rückblick ist. Interessierte können an Themenfahrten der Straßenbahn teilnehmen und die Tram-Geschichte und Geschichten aus berufenem Munde erfahren, denn Volkmar Wagner, langjähriger leitender Mitarbeiter beim Verkehrsbetrieb (ViP), ist der sachkundige Führer.
„TramTours spezial“ heißen die Jubiläumsfahrten. Die erste Tour fand am 1. Mai statt. „Das hat sich gelohnt“, sagten die meisten der etwa 40 Teilnehmer, die sich im Jubiläumscombino bis in die äußersten Enden des Schienennetzes fahren ließen: zur Schleife im Kirchsteigfeld, zum Wendepunkt Kirschallee und ins Bornstedter Feld. Zum Schluss ging es zum „Herz“ des Potsdamer Nahverkehrs, zum ViP-Betriebshof.
Volkmar Wagner erzählte größtenteils aus eigenem Erleben, wie die neuen Wohngebiete zu DDR-Zeiten erschlossen wurden, dass dabei Reichsbahn-Schienentechnik zum Einsatz kam und dass die Masten zum Teil mit Hubschraubern gesetzt wurden.
Kein Meter Schienennetz ist in den hundert Jahren unberührt geblieben, die Potsdamer Straßenbahn unterliegt fast wie ein lebender Organismus einen ständigen Wandel und Ortswechsel. Die TramTours-Teilnehmer konnten sich ein Bild machen von der Inbetriebnahme der Bahn nach dem Zweiten Weltkrieg und über die erste Fahrt der „Stern-Strecke“ im Jahre 1982. Sie sahen die Spuren der Wendeschleife an der Robert-Baberske-Straße oder die Gleisreste an der Holzmarktstraße, wo sich bis vor sechs Jahren der ViP-Hauptsitz befand. Neue Trassenverlegungen zeichnen sich schon ab: Seitenlage der Schienen auf der Humboldtbrücke, Neubaustrecke an der Langen Brücke und in der Stadtmitte. Dass in der Brandenburger Straße einst die Pferdebahn durchfuhr, kann sich heute niemand vorstellen. Erst die „Elektrische“ machte den Bummelboulevard gleisfrei.
Auch Kritisches bringt Wagner zur Sprache. Obwohl Straßenbahn-Fan, wünscht er sich, dass die Schienen am Platz der Einheit etwas unauffälliger verlegt wären. „Rasengleis“, diese augenfreundliche Konstruktion, die das Gleis unauffällig einbettet, wäre in der Stadtmitte wohl angebracht. Statt dessen sind hier die S-förmig gebogenen Stahlschwellen zwischen den Gleisen zu bewundern. Sie werden vor allem wegen ihrer geringen Kosten und Bauhöhen verwendet.
Der Jubiläumscombino 407 ist äußerlich einzigartig gestaltet: aufgedrucktes Streckennetz und Stadtplan über die gesamte Fläche des Zuges und am Dach die Darstellung der in Potsdam seit 1907 verwendeten Fahrzeugtypen. Im Innern hängen liebevoll ausgewählte historische Fotos, zum Beispiel „Modernstes aus der DDR“: Gotha-Gelenkzug ohne Schaffner (1960).
Weitere TramTours-spezial-Termine: 3. Juni: Fahrt im Gotha-Dreiwagenzug. 1. Jul: Fahrt im Tatra Prototyp 001 und im modernsten Tatra KT 4D, 5. August: Fahrt mit dem Combino 408
Günter Schenke
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