Landeshauptstadt: Pietätlos
Beschriftete Grabplatten haben nichts im Straßenbau zu suchen
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Beschriftete Grabplatten haben nichts im Straßenbau zu suchen Von Hella Dittfeld Drewitz. „Haben denn manche Menschen gar kein Gefühl?“, fragte sich eine PNN-Leserin, als sie bei einem Spaziergang entlang der Trebbiner Straße mitten im aufgeschütteten Bausand für die Umgehungsstraße Drewitz einen Grabstein entdeckte mit der Grabplatte obenauf, so dass die Inschrift noch gut zu lesen ist. Auch in einer Stichstraße zu den Nuthewiesen entlang einer Autowerkstatt seien alte Grabplatten zur Befestigung des Weges verwendet worden, teilte sie den PNN mit. So sollte mit dem Andenken an Verstorbene, selbst wenn sie keine Bekannten und Verwandten mehr im Raum Potsdam haben, nicht umgegangen werden. Pietätlos findet nicht nur sie diese Art der Grabsteinverwendung als Straßenbaumaterial. PNN erkundigten sich bei Gunther Butzmann, Leiter der Friedhofsverwaltung. „Wenn die Liegezeit beendet ist, bieten wir den Angehörigen an, den Grabstein mitzunehmen und zum Beispiel an einem alten Lieblingsplatz des Verstorbenen auf eigenem Grund und Boden aufzustellen. Manche machen Gebrauch davon, aber für viele übrig gebliebene Grabsteine müssen wir die Verantwortung übernehmen“, sagte er auf Anfrage. Die Friedhofsverwaltung bringe sie zum Brechen zur Firma Bestbau nach Satzkorn. Drei bis fünf Zentimeter seien die Stücke dann nur noch groß und könnten dann als Straßenunterbau dienen. Er halte das für sinnvoll, denn würden ganze Grabsteine verkippt, könnte damit durchaus auch Unfug getrieben werden. Laut Gerichtsurteil sei die Verwendung von Grabsteinen als Baumaterial zulässig, das dürfte aber niemals mit der Grabplatte nach oben geschehen, erläuterte der Friedhofsfachmann. Wie die gut leserliche Grabplatte, als letztes Beerdigungsdatum ist 1937 angegeben, in die Aufschüttung für die Umgehungsstraße gekommen ist, konnte sich der Leiter des Brandenburgischen Straßenbauamtes Potsdam, Werner Schwarz, nicht erklären. Er versprach, dass die Angelegenheit umgehend bereinigt wird. Man arbeite im Moment nicht an dieser Stelle, sagte er und sprach die Vermutung aus, dass der Grabstein dort vielleicht von einem Unbekannten entsorgt worden sei. Da der Pietätlosigkeit offenbar keine Grenzen gesetzt sind, und sich um den Stein nur reiner Sand befindet, ist diese Vermutung tatsächlich nicht ganz von der Hand zu weisen.
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