Landeshauptstadt: Pilotprojekt gegen Jugendkriminalität Jeder dritte Täter in Potsdam ist unter 21 Jahre alt
Breitschwerdt: Programm bereits für Kitas anbieten
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Wenn in Potsdam ein Mensch ausgeraubt wird, war der Täter in knapp zwei Dritteln aller Fälle ein Jugendlicher unter 21 Jahren. Insgesamt gab es bei Raub im vergangenen Jahr 117 solcher jungen Verdächtigen, fünf davon im Alter von unter 14 Jahren. Solche Zahlen präsentierte am Dienstagabend der Leiter der Führungsstelle der Potsdamer Polizei, Matthias Tänzer. Sven Petke (CDU) als Chef des Innenausschusses im Brandenburger Landtag hatte in den Club 18 im Wohngebiet Am Stern eingeladen. „Jugendliche sind überdimensional bei Gewaltdelikten vertreten“, sagte Tänzer. So ermittelt die Polizei auch bei knapp jeder dritten Körperverletzung einen Tatverdächtigen unter 21 Jahren, bei Sachbeschädigung sind 57 Prozent der aufgeklärten Fälle junge Leute beteiligt.
Ein neues Pilot-Projekt in der Landeshauptstadt soll dagegen helfen. Jugendamtsleiter Norbert Schweers erklärte in der Diskussion, wie das so genannte „Anti-Bullying-Programm“ der Polizei zur Gewaltprävention in Potsdam umgesetzt werden soll. Im April hatte die Stadtverordnetenversammlung einem CDU- Antrag mit breiter Mehrheit zugestimmt, dass Projekt in Potsdam auszuprobieren, dass schon bundesweit an vielen Schulen getestet wurde. In Potsdam sollen laut Schweers zunächst fünf Schulen profitieren – welche, ist allerdings noch unklar „Wir versuchen Schulleiter dafür zu gewinnen.“ Das Programm versucht Gewaltprävention schon auf kleinstem Level. Denn unter Bullying verstehe Experten das systematische Schikanen stärkerer Schüler gegenüber Schwächeren: Die Täter, die „Bullies“, isolieren dabei hilflose Schüler aus dem Klassenverband. „Das Programm wird Personal und Geld kosten“, sagte Schweers. Zudem sei Überzeugungsarbeit an den Schulen nötig: Zum Glück verändere sich aber derzeit die Einstellung von Schulen, Programme gegen Gewalt aus Sorge um das eigene Image abzulehnen.
Die positive Wirkung des Programms betonte auch Michael Breitschwerdt, Präventionsberater im Polizeipräsidium Potsdam für den Landkreis Ostprignitz-Ruppin, in dem das Projekt schon umgesetzt wird: „Das wird ein großer Schritt für Potsdam.“ Er schlug vor, das Programm auf Potsdamer Kitas auszuweiten – um noch eher dem Problem entgegenzuwirken, dass sich Gewalt bei einem immer größeren Teil von jungen Leuten verfestige.
Im Zusammenhang mit Jugendgewalt wurde auch ein Alkoholverbot an öffentlichen Plätzen diskutiert, wie es unlängst in Werder erlassen wurde. „Ich habe dafür Sympathie“, sagte Petke und begründete seine Meinung mit der negativen Vorbildwirkung für junge Leute, die von Gruppen trinkender Menschen ausgehe. Dem widersprach Schweers: „Das führt nur zur Verdrängung.“ Mitunter so sogar Probleme entstehen: So müssten Jugendliche wegen des Rauchverbots inzwischen vor den Jugendclubs rauchen – und deponierten davor auch mitgebrachte Alkoholika. Hauptprobleme seien eher fehlende Vorbilder im Elternhaus. Henri Kramer
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