Von Matthias Matern: Pläne für „Europa-Mietshaus“ in Potsdam
Fünf EU-Länder planen gemeinsam energieeffizientes Mehrfamilienhaus – die Pro Potsdam macht mit
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Potsdam könnte Standort für den Bau des ersten klimafreundlichen „Europa-Mietshauses“ werden. Bereits seit zwei Jahren arbeitet die städtische Pro Potsdam bei dem Projekt „Longlife“ der Europäischen Union (EU) mit. Partnerländer sind Dänemark, Litauen, Russland und Polen. Das Ziel: Bis November 2011 sollen alle Pläne und Unterlagen für ein nachhaltiges Musterhaus aus umweltverträglichen Baustoffen mit bis zu 30 Wohnungen vorliegen. Das Haus soll dann in allen fünf Projekt-Partnerländern gebaut werden können – dank der vorherigen gemeinsamen Planung soll dabei die Genehmigung nur noch Formsache sein.
Aus Sicht des Initiators des Projekts, Architektur-Professor Klaus Rückert von der Technischen Universität Berlin, wäre Potsdam ein geeigneter Ort, um die Planungen für das „Europa-Mietshaus“ in die Realität umzusetzen. Der Bedarf an neuen Wohnungen in der Stadt sei aufgrund des Zuzugs groß. Dabei könnte das „Longlife“-Haus „eine Herausforderung und einmalige Chance für ein klimafreundlicheres Potsdam“ sein, glaubt der Professor. „Abwegig ist das nicht“, meint auch Kirsten Gebauer von Pro Potsdam, die gemeinsam mit vier Kollegen im städtischen Unternehmensverbund an dem EU-Projekt arbeitet. „Wir brauchen aber jemanden, der uns das Geld dafür gibt.“
Wie hoch die Kosten sein und wie die Finanzierung gestemmt werden kann, wird für alle fünf EU-Partnerländer in Potsdam geklärt. Die Pro Potsdam hat die Federführung der Arbeitsgruppe „Finanzierung“ übernommen. Zwei Drittel des Weges haben die Mitarbeiterinnen Kirsten Gebauer und Nadine Ryslavy dabei bereits hinter sich: „Jetzt geht es darum, ein Muster für die Finanzierung zu erstellen“, berichtet Ryslavy. Im ersten Schritt ging es um eine Bestandsaufnahme: Welche staatlichen Fördermöglichkeiten gibt es in den Teilnehmerländern? Wie hoch ist die Eigenkapitalquote in der Bevölkerung? Wird vor allem zur Miete gewohnt oder ist eher Wohneigentum üblich? Wie werden Betriebskosten verrechnet? Im zweiten Schritt wurden gemeinsame Standards festgelegt. Keine einfache Aufgabe, die zudem durch sprachliche Hürden erschwert wird. „Unsere Arbeitssprache ist Englisch. Doch wie erklärt man dem anderen Fachbegriffe, die es dort gar nicht gibt?“, verdeutlicht Gebauer.
Auch sei bereits die Einigung über Art und Größe des „Longlife“-Musterhauses nicht ganz einfach gewesen. „Die Vorstellungen gingen anfangs auseinander“, so Gebauer. Geplant werde nun ein „drei- bis viergeschossiger Bau mit bis zu 30 Wohnungen“. Auch die Gestaltung der Freiflächen und die Umweltverträglichkeit der Baumaterialien werde berücksichtigt. „Nachhaltig bedeutet nicht nur energieeffizient, sondern auch wirtschaftlich durch lange Lebensdauer und sozial, etwa durch günstige Mieten“, erläutert Nadine Ryslavy.
Bei der Gestaltung des Wohngebäudes hat Initiator Professor Rückert von der TU Berlin den Hut auf. Richtgröße sind in etwa die Energiewerte eines Passiv-Hauses. Ein fertiger Entwurf für das Musterhaus liege zwar noch nicht vor, doch bereits zahlreiche Ideen. Im vergangenen Sommer entwarfen Architektur-Studenten der fünf Teilnehmerländer nach den „Longlife“-Vorgaben erste Modelle und Zeichnungen.
„Longlife“ ist eines von rund 200 sogenannten „Interregb-Projekten“ mit deutscher Beteiligung. Ziel des Programms ist eine möglichst einheitliche und nachhaltige Entwicklung innerhalb der Europäischen Union. Das Gesamtbudget für „Longlife“ beträgt rund 2,4 Millionen Euro, 75 Prozent davon steuert die EU bei, den Rest übernehmen die Projektpartner. Der Anteil der Pro Potsdam GmbH liegt bei etwa 40 000 Euro. Aufgeteilt ist die Arbeit in drei Bereiche: Finanzierung, Verwaltungsabläufe und technische Machbarkeit beziehungsweise Design.
Das Pro Potsdam-Team muss seine Arbeit in elf Monaten erledigt haben. Im November soll das „Longlife“-Projekt mit einer Konferenz in Potsdam abgeschlossen werden. Allerdings sei eine Verlängerung bereits im Gespräch, sagt Pro-Potsdam-Mitarbeiterin Gebauer. Fest stehe jedoch: „Im November können wir sagen: Das wäre ein nachhaltiges Mehrfamilienhaus und das würde es kosten.“ Vielleicht, so hoffen die Projektteilnehmer, seien die EU und das Land Brandenburg von dem Ergebnis dann so begeistert, dass sie den Bau des „Europa-Mietshauses“ in Potsdam fördern.
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