Landeshauptstadt: Plastinator in Nöten
Im September will Dirk Piper in Potsdam seine „Art of Bodies“ zeigen - wenn die Stadt es ihm erlaubt
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Kommende Woche erwartet Dirk Piper einen Brief von der Potsdamer Stadtverwaltung. Es geht um seine geplante Ausstellung von Plastinaten „Art of Bodies – Die Welt der Körper“, die Piper ab September in den Bahnhofspassagen zeigen möchte. Sollte die Stadt seinem Vorhaben zustimmen, wird der 44-Jährige Mensch und Tier in all seinen anatomischen Facetten zeigen. Zwölf menschliche Ganzkörper- und zahlreiche Tierplastinate sollen dafür aus Pipers nordrhein-westfälischem Wohnort Hamm nach Potsdam gebracht werden und hier für ein halbes Jahr zu sehen sein. Sollte die Stadtverwaltung die Ausstellung aber ablehnen, will Piper Potsdam verklagen.
„Das kann teuer werden“, sagte Piper gegenüber den PNN. Pro verlorengegangenen Monat will er die Stadt auf 400 000 Euro verklagen. Durch ein Wirtschaftsunternehmen hat Piper ausrechnen lassen, dass jeden Monat 38 000 Besucher zu erwarten seien. „Bei zehn Euro Eintritt, dazu die Verkäufe aus dem Ausstellungsshop, sind 400 000 Euro eine realistische Summe“, so Piper. Juristisch sieht sich der Plastinator auf der sicheren Seite.
Mit seiner bekannten Ausstellung „Körperwelten“ hat der Plastinator Gunther von Hagens vor vier Jahren ähnliche Probleme gehabt wie jetzt Piper. Im März 2003 hat die Stadt Stuttgart von Hagens zur Auflage gemacht, bestimmte Plastinate aus seiner Ausstellung zu nehmen, weil diese unter das Bestattungsrecht fallen würde und deren Zurschaustellung eine Ausnahmegenehmigung bedürfe. Von Hagens Klage gegen diese Auflagen wurde stattgegeben. „Sogar vom Bundesverfassungsgericht“, wie Piper sagt.
Die Potsdamer Stadtverwaltung verlangt nun die Liste, auf der die Herkunft seiner Plastinate geschrieben steht. Doch berufe sich die Verwaltung mit ihrer Forderung auf das Bestattungsgesetz, das für Ausstellungen mit Plastinaten mit wissenschaftlichen Hintergrund aber seit dem Urteil für von Hagens nicht mehr gilt. Diesen wissenschaftlichen Anspruch verfolgt Piper mit „Art of Bodies“. Seine Einblicke in die menschliche und tierische Anatomie sollen dazu beitragen, dass sich mehr Menschen für eine Organspende entscheiden. „Derzeit sterben noch zu viele Menschen in Deutschland, weil ihnen das entscheidende Spenderorgan fehlt“, sagte Piper.
Für Kritik bei seiner Ausstellung ist Dirk Piper offen. So hat er an die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung geschrieben, dass er vor der offiziellen Eröffnung eine Probebesichtigung anbiete. „Sollte es hier ethische Bedenken bei bestimmten Plastinaten geben, bin ich bereit, hier das Konzept der Ausstellung zu verändern“, sagte Piper. Doch auf sein Schreiben, dass er vor mehr als 14 Tagen abgeschickt hat, habe er bis heute noch keine Antwort bekommen. Zwar drängt die Zeit nicht, denn für den Aufbau der Plastinate brauchen Piper und seine Mitarbeiter nur eine Woche. Doch hofft er in der kommenden Woche endlich Bescheid seitens der Verwaltung zu bekommen.
Die Ausstellung „Art of Bodies“ würde in Potsdam Premiere feiern. Seit zwei Jahren hat Piper an dem Konzept gearbeitet. Zeigen will er neben menschlichen Plastinaten auch solche von Küken, Hunden, Katzen und einem Krokodil. Manche werden als Ganzköperplastinate, andere in Scheiben präsentiert. An menschlichen Präparaten will Piper an einem geöffneten Torso einer Frau das Nervensystem, die Muskulatur und das Knochengerüst zeigen, auch ein Aids-Kranker und ein Drogentoter sollen zu sehen sein. Vor Jahren hat Dirk Piper, der die Hilfsorganisation Merlin e.V. leitet, seine Faszination für das tierische und menschliche Innenleben entdeckt. Gelernt hat Piper das Verfahren zur Plastination von dem damit bekannt gewordenen Gunther von Hagens. Doch zusammen arbeiten die beiden nicht, sie begegnen sich mittlerweile nur noch auf juristischen Wegen.
Die Stadtverwaltung Potsdam sah sich bis gestern nicht in der Lage, sich gegenüber den PNN zu dem aktuellen Stand um eine Genehmigung oder ein Verbot der geplanten Ausstellung zu äußern.
Dirk Becker
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