zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Platte mit Neubau-Feeling

Wie lebt es sich in der Gartenstadt? Zwei Drewitzer, die in eine sanierte Wohnung gezogen sind, haben nicht nur Lob übrig

Stand:

Auf Arbeit habe sie schon genug Treppen zu steigen, sagt Simone Märtin: „In ein Haus ohne Aufzug würde ich gar nicht mehr ziehen.“ Auf den braucht die 50-jährige Angestellte einer Berliner Brauerei auch in ihrem fünfgeschossigen Haus nicht zu verzichten, denn der Wohnblock in einer Seitenstraße der Konrad-Wolf-Allee wurde vor Kurzem im Rahmen des Gartenstadt-Projektes saniert und mit einem Fahrstuhl versehen. Märtin und ihr Partner Uwe Strümper fühlen sich wohl in ihrer neuen Wohnung, in die sie vor gut einem Monat eingezogen sind: „Der Aufzug und der Balkon sind das Beste“, fasst sie zusammen und zeigt auf den gut fünf Meter langen Balkon.

Wohnen in Drewitz – für viele Potsdamer ist das immer noch eine wenig attraktive Vorstellung. Doch der von DDR-Plattenbauten geprägte Stadtteil hat sich bereits merklich gewandelt, seit 2009 der Umbau in eine grüne Gartenstadt mit Parkanlagen und energetisch sanierten Wohnungen (siehe Interview) begann.

Märtin weiß, wie es vorher war: Viele Jahre lebte sie an der Konrad-Wolf-Allee in einer Wohnung der Pro Potsdam, die nicht nur lauter war, sondern auch seit den 90er-Jahren nicht mehr saniert wurde. Immer wieder hieß es, es sei bald soweit, so Märtin: „Man traute sich gar nicht, selber mal was zu malern.“ Das Angebot, in eine der neuen Wohnungen zu ziehen, nahm sie gerne an.

Die Vier-Zimmer-Wohnung wirkt wie ein Neubau: Märtin und Strümper haben sich eine große Wohnküche eingerichtet, das Arbeitszimmer neben dem Balkon hat zusätzlichen Platz, weil es durch den neuen Grundriss um etwa einen Meter über die Außenfassade hinausragt. „Besonders gut fand ich, dass man sich vorher aussuchen konnte, was für Bad-Fliesen und welchen Fußbodenbelag man haben wollte“, sagt Strümper.

Auch bei der kommunalen Immobilienholding Pro Potsdam, die die Wohnungen saniert hat und verwaltet, habe man positives Feedback erhalten, sagt Pro- Potsdam-Geschäftsführer Jörn-Michael Westphal: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Sanierungsmaßnahmen sehr gut von den Mietern angenommen werden.“

Doch es gibt auch Kritik: „Als wir umgezogen sind, waren die Hauseingänge noch nicht fertig, wir sind quasi durch den Bauzaun eingezogen“, sagt Strümper. Auch mit der Außenfassade und der Gestaltung der Balkone sind beide nicht glücklich: „Es sieht aus wie im Osten“, sagt Märtin. Viele Nachbarn teilten diese Ansicht.

Und dann die Miete: Für die 63 Quadratmeter große alte Wohnung hatte Märtin 470 Euro gezahlt, für die neue mit 83 Quadratmetern sind es rund 800 Euro. „Das finde ich ganz schön happig und ist für mich auch die Grenze“, sagt Märtin. Überhaupt seien die Mieten zuletzt in Drewitz stetig gestiegen: „Ich kenne viele, die sagen: ,Ich wohne gerne in Drewitz und will auch hierbleiben, aber ich kann mir diese Mieten nicht leisten.’“

Die Mieten sind nur in einigen Wohnungen so stark gestiegen, aber die höheren Preise sind zum Teil gewollt: Die Stadtverwaltung verspricht sich davon eine stärkere soziale Durchmischung, damit nicht nur Geringverdiener nach Drewitz ziehen, wie dies lange der Fall war.

Künftig sollen auch die Wohnformen vielfältiger werden: „Wir planen an der Konrad-Wolf-Allee in vielleicht einem Aufgang auch Gemeinschaftswohnungen anzubieten“, so Westphal. Voraussichtlich sollen diese von gemeinnützigen Trägern verwaltet werden, mit denen die Pro Potsdam schon zusammengearbeitet hat. Diese Wohnform könnten für verschiedenste Gruppen interessant sein, etwa für Senioren, kranke oder behinderte Menschen, aber auch für Jüngere.

Dass sich der Stadtteil durch die Gartenstadt weiterentwickelt, hofft auch Märtin. Sie ist gebürtige Drewitzerin und 1991 aus dem Dorf Drewitz in das frisch errichtete Neubaugebiet gezogen. „Seitdem hat sich die Wohnqualität eher verschlechtert“, sagt sie, heute leben viel mehr Menschen hier als damals, es gebe viele Migranten und viel Müll. „Das werden viele Alt-Drewitzer bestätigen.“

Dennoch fühle sie sich in ihrer jetzigen Nachbarschaft wohl und auch das „Grüne Kreuz“, das sich jetzt durch Drewitz zieht, empfindet Märtin als Fortschritt: „Es ist schöner geworden“, sagt sie. „Ich hoffe, dass es so bleibt und von den Mitbürgern gepflegt und geachtet wird.“ Strümper sieht das ähnlich: „Es hat das ganze Viertel aufgewertet. Wenn jetzt noch der Bus langsamer fahren würde, wäre es super.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })