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Landeshauptstadt: Politik uneins über zweckentfremdete Wohnungen

Linke unterstützt Forderung des Mieterbunds. Verwaltung will kontrollieren

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Die Potsdamer Stadtpolitik reagiert gespalten auf die Forderung des Mieterbunds, die Zweckentfremdung von Wohnungen als Touristenunterkünfte schärfer zu sanktionieren. Der Mieterbund hatte am Montag gefordert, die 2004 außer Kraft gesetzte Zweckentfremdungsverbots-Verordnung wieder einzuführen – zumindest in den 31 Kommunen im Speckgürtel Berlins, denen die Landesregierung selbst einen angespannten Wohnungsmarkt attestierte. Während sowohl die Linke als auch SPD in der Untervermietung an Touristen in Potsdam ein grundsätzliches Problem erkennen, das auf Landesebene geregelt werden müsse, sehen CDU und Bürgerbündnis keinen Handlungsbedarf.

Die Größenordnung des Problems – einer Studie zufolge soll es um etwa 180 Wohnungen in Potsdam gehen – sei zu vernachlässigen, so der Fraktionschef des Bürgerbündnisses, Wolfhard Kirsch. Eine gesonderte Verordnung sei angesichts des nötigen Aufwands zur Kontrolle unverhältnismäßig. CDU-Fraktionschef Matthias Finken teilte mit, die Zweckentfremdung sei in Potsdam bisher nicht als Problem bekannt. Natürlich müssten die Spielregeln für die gewerbliche Nutzung eingehalten werden, wenn Wohnungen an Touristen vermietet werden. Sonst sei die Gleichbehandlung gegenüber Hotels und Pensionen nicht gewährleistet.

Die Linke will hingegen schnell aktiv werden: Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg, der auch Landtagsabgeordneter ist, kündigte eine parlamentarische Anfrage im Landtag an. Seit der Abschaffung der brandenburgischen Landesverordnung gegen Zweckentfremdung 2004 habe sich die Lage am Wohnungsmarkt dramatisch geändert. „Wir nehmen das sehr ernst“, so Scharfenberg. Es gebe derzeit eine Lücke. Die Stadt könne ohne rechtliche Grundlage in der Frage gar nicht tätig werden. Die Landesregierung müsse handeln.

SPD-Fraktionschef Mike Schubert sagte den PNN, im Grundsatz sollten Wohnungen auch so genutzt werden, dass darin tagtäglich gewohnt wird. Er verstehe auch den Standpunkt des Verbands des Hotel- und Gaststättengewerbes (Dehoga), der in der ungeregelten Vermietung von Privatunterkünften eine billige und steuerrechtlich zweifelhafte Konkurrenz sieht. Allerdings wies Schubert auch darauf hin, dass die Stadt angesichts der geltenden Rechtslage auf Landesebene wenig Handlungsspielraum habe. Anders als in Berlin sei die Vermietung von Wohnungen an Touristen nicht genehmigungspflichtig.

Auslöser ist eine am Sonntag veröffentlichte Studie der Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen (GBI). Demnach werden jährlich fast 70 000 Übernachtungen über Internetportale wie Airbnb, Wimdu oder 9flats in Potsdamer Privatunterkünfte vermittelt, die dauerhaft zu diesem Zweck angeboten werden. Das entspricht 6,3 Prozent der Übernachtungen, die in der offiziellen Tourismusbilanz gezählt werden.

Damit rangiert die Landeshauptstadt in den Top Ten in Sachen privat vermittelter Zimmer. 183 Wohnungen würden so dauerhaft dem Mietmarkt entzogen. Auch im Hotelgewerbe sieht man die Konkurrenz durch private Anbieter kritisch: „Der Wettbewerb wird verzerrt“, so Olaf Lücke, Geschäftsführer des Brandenburger Dehoga. Alle Anbieter müssten registriert werden. Angesichts der von der Stadt seit Oktober 2014 erhobenen Bettensteuer von fünf Prozent auf den Übernachtungspreis fordert Lücke Gleichbehandlung.

Die Stadtverwaltung hatte zu Wochenbeginn erklärt, dass sie gar nicht erhebe, wie viele solcher Unterkünfte in Potsdam angeboten werden. Nun konkretisierte sie, dass zumindest in Bezug auf die von der Stadt seit Oktober 2014 erhobene Bettensteuer jeder Anbieter gegenüber der Stadt erklärungspflichtig sei. Das gelte nicht nur für Hotels, sondern auch für Ferienwohnungen. Das werde auch stichprobenartig kontrolliert. Gerade bei Portalen wir Airbnb sei es aufgrund der Bewertungen häufiger möglich zu sehen, ob jemand gemietet habe und manchmal sogar wie lange und für wie viele Personen. „Das hilft dabei, Kontrollen durchzuführen“, so Stadtsprecher Jan Brunzlow. Marco Zschieck

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