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Bamschutzverordnung in Potsdam: Politik will Bäume doch besser schützen

Im Streit um die neue Baumschutzverordnung in Potsdam stellt sich der Bauausschuss gegen die Stadtverwaltung.

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Mehr als 200 Potsdamer und Naturschützer haben in den vergangenen Monaten gegen die geplanten lascheren Regeln für den Baumschutz in Potsdam protestiert. Das hat nun Folgen. Denn aus Sorge vor einem Kahlschlag will eine Mehrheit der Stadtpolitik die geplante Baumschutzverordnung in Potsdam in einem zentralen Punkt doch wieder verschärfen – gegen den Willen der Bauverwaltung. Womöglich muss nun die gesamte Verordnung aber noch einmal in ein monatelanges Abstimmungsverfahren, was riskante Folgen hat. Dies alles ist Ergebnis einer Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Bauen am Dienstagabend.

Konkret ging es in dem Gremium vor allem um den Stammumfang, ab dem Bäume nur mit behördlicher Genehmigung gefällt werden dürfen. Bisher gilt das für einen Umfang von 30 Zentimetern. Die Verwaltung will durchsetzen, dass Grundstückseigentümer künftig erst ab einem Stammumfang von 60 Zentimetern eine Fällgenehmigung beantragen müssen. Doch angesichts der Einwände von mehr als 200 Bürgern, die in einem gerade beendeten Abwägungsverfahren von der Stadtverwaltung allesamt abgelehnt wurden, machte der Vorsitzende des Ausschusses, Ralf Jäkel (Linke), einen Kompromissvorschlag: Genehmigungen sollen künftig bei Bäumen über 45 Zentimeter Stammumfang nötig sein.

Vor einer Änderung der geplanten Verordnung warnte dagegen Lars Schmäh, der Leiter des Rathausbereichs Umwelt und Natur. So liege im deutschlandweiten Vergleich der fällgenehmigungsfreie Stammumfang zwischen 80 und 100 Zentimetern, die geplante Verordnung sei also immer noch streng. Und wenn die Stadtverordneten Änderungen beschlössen, so Schmähs Einwand, müsse das Planwerk erneut öffentlich ausgelegt werden, was einige Monate dauern würde (siehe Kasten).

Das Problem dabei: Bereits im Sommer ist die noch geltende, strengere Baumschutzverordnung am Potsdamer Verwaltungsgericht gekippt worden, wie Schmäh auch den PNN bestätigte. Gegen das Urteil habe die Verwaltung Beschwerde eingelegt, damit das Regelwerk noch Bestand habe und so in Sachen Baumschutz kein rechtsfreier Raum entstehe. Vor einer erneuten monatelangen Verzögerung durch eine nochmalige Änderung der Verordnung müsse er also warnen, so Schmäh – weil aus Sicht der Verwaltung ein endgültiges Urteil in dem Rechtsstreit die komplette Verordnung aushebeln könnte und dann gar keine Fällregeln mehr gelten. Schmäh sagte den PNN, das Gericht habe speziell bei Ausgleichspflanzungen für gefällte Bäume klarere und transparentere Regeln gefordert.

Doch die Argumente aus der Stadtverwaltung verfingen nicht. SPD-Fraktionschef Pete Heuer führte eine oberverwaltungsgerichtliche Entscheidung an, wonach Baumschutzregeln ab einem Stammumfang von über 40 Zentimetern rechtlich unbedenklich seien. Zugleich kritisierte Heuer die Begründung der Umweltbehörde für die lascheren Regeln – es könne dabei nicht um eine „Verwaltungsentlastungssatzung“ gehen. Michél Berlin von der Linken sagte, den Mitarbeitern im Rathaus werde es mit Sicherheit gelingen, für die 45 Zentimeter Stammumfang eine rechtssichere Begründung zu finden: „Und wenn das nicht leicht ist, wird es eben schwierig.“

Dagegen sagte Lars Eichert (CDU/ANW), ihm sei eine rechtssichere Baumschutzverordnung wichtig – daher lehne er die Verschärfungen ab. Der Bauträgerunternehmer und Stadtverordnete Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis meinte, in anderen Städte würden Bäume – auch ohne Schutzverordnung – nicht einfach gefällt. Er selbst habe erfolgreich gegen die Potsdamer Regelung geklagt, für aus natürlichen Gründen abgestorbene Bäume noch Ersatz pflanzen zu müssen – nun sei er für die von der Verwaltung vorgeschlagene rechtssichere Lösung. Saskia Hüneke von den Grünen meinte dagegen, es wäre absurd, wenn die Politik angesichts der Kritik aus der Bevölkerung die vorgenommene Abwägung einer so wichtigen Verordnung nicht mehr anfechten könne. So wurde die 45-Zentimeter-Regelung mit den Stimmen der SPD, der Linken und der Grünen beschlossen, CDU/ANW und Bürgerbündnis stimmten dagegen.

Amtsleiter Schmäh relativierte danach auf PNN-Anfrage seine Warnung vor einer monatelangen Verzögerung, sollten auch die Stadtverordneten Anfang November dem Votum des Bauausschusses folgen. Man werde prüfen, ob die von der Stadtpolitik gewollten Änderungen tatsächlich so wesentlich seien, dass noch einmal die Öffentlichkeit vor einer Entscheidung beteiligt werden müsste, so Schmäh.

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