Landeshauptstadt: Polizei will Radler stärker kontrollieren
18 Prozent aller Unfälle durch Radfahrer / Kritik an Blitzern – auch von Oberbürgermeister Jakobs
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Die Potsdamer Polizei will die Kontrollen von Radfahrern in der Stadt verstärken. „Wir machen noch viel zu wenig“, sagte Ralf Marschall, Leiter des Schutzbereichs Potsdam, am Mittwochabend im Hauptausschuss der Stadtverordneten.
Marschall war gemeinsam mit dem Potsdamer Polizeipräsidenten Bruno Küpper zum „Sicherheitsgespräch“ in den Ausschuss gekommen. Dabei gab es heftige Auseinandersetzungen um die Verkehrskontrollen. Die Geschwindigkeitsüberwachung der Autofahrer per Laser oder Blitzer wurde kritisiert – und das selbst von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Es sei „wenig nachvollziehbar, wenn das Messgerät da steht, wo die Geschwindigkeitsbegrenzung gleich aufgehoben ist“, sagte Jakobs. Da stelle sich tatsächlich die „Frage der Legitimation“, so der Oberbürgermeister. Er betonte allerdings, dies sei nur als „Anregung“ gemeint.
Eine deutliche Antwort darauf gab es von Marschall und Küpper nicht. Beide wiesen Vorwürfe von „Abzocke“ oder „Schikane“ jedoch scharf zurück. Auch sei nicht das Ziel, möglichst viel Bußgeld einzunehmen. Aber: „Wir dulden nicht, dass ihr eure Verkehrsregeln selber macht“, sagte Polizeipräsident Küpper. Gesetze und Vorschriften müssten eingehalten werden. Das gelte für Radfahrer genauso wie für Kraftfahrer.
Die Radler sieht Schutzbereichschef Marschall allerdings als „riesiges Problem“ in Potsdam. Sie hätten 18 Prozent der insgesamt 5187 Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr verursacht (Autofahrer: 63 Prozent); meist seien dabei Menschen zu Schaden gekommen, oft sogar die Radfahrer selbst. Grund für die Unfälle sei oft Fehlverhalten – das Radeln auf dem Bürgersteig oder in falscher Fahrtrichtung zum Beispiel.
Seit September 2004 begegnet die Polizei diesen Verstößen mit der ersten Fahrradstreife Brandenburgs. Vier Polizisten kontrollieren dabei auf Rädern die Radler. Diese Streife will Marschall nun offenbar ausbauen, es gebe bereits Vorstellungen, sagte er. Zweifel an der Notwendigkeit der Radfahrer-Kontrollen meldete Bettina Paulsen (CDU) an – denn Radler hätten es in Potsdam sowieso schon schwer, sagte sie. Diese Meinung wollte Polizeipräsident Küpper nicht teilen. In Potsdam seien nicht überdurchschnittlich viele Radler unterwegs, die Stadt sei nicht vergleichbar mit Radfahrer-Metropolen wie Freiburg und Münster. Und generell verursachten deutschlandweit motorisierte Verkehrsteilnehmer immer weniger Unfälle und Fußgänger und Radfahrer immer mehr. Deshalb müsse die Polizei in Potsdam „mit dem umgehen, was wir feststellen“, so Küpper.
Dabei geht es offenbar teilweise auch darum, Trends zu kippen – so drückte Marschall sich zumindest beim Thema Humboldtbrücke aus. In der dortigen Baustellen-30er-Zone stadtauswärts stellt die Polizei nahezu täglich ihre Blitzertonne auf. Pro Tag würden dort „400 bis 700 Fahrer“ zu schnell erwischt, so Marschall – und das bei nur ein paar Stunden Kontrolle. „Hier muss der Trend gekippt werden“, so Marschall: „Der Normgetreue darf nicht der Idiot sein.“ Deshalb werde die Polizei an dieser Stelle so lange blitzen, bis sich eine große Mehrheit an die 30 Stundenkilometer hält. Verstärkt werden sollen auch die Kontrollen an Ampeln – 2500 so genannte Rotlichtfahrten seien im vergangenen Jahr registriert worden. Um dabei die Beweislage für die Polizei zu verbessern, werde neue Videotechnik eingeführt. Wer bei rot über die Ampel fährt, wird jetzt gefilmt.
Bestätigt in ihren Kontrollen sieht sich die Polizei durch sinkenden Unfallzahlen. Strategie sei, keine rechtsfreien Räume zu lassen: „Man muss an jedem Punkt in der Stadt das Gefühl haben: Hier kann ich gemessen werden“, so Marschall.
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