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Von Jana Haase: Porzellantasse aus Pappe

Im Treffpunkt Freizeit sollen Grundschüler spielerisch Geschichte lernen: Noch werden Zeitzeugen gesucht

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Die Gestik stimmt genau: Während Paul mit gönnerisch-präsentierender Hand auf die Dame an seiner rechten Seite weist, hebt Laura den Saum ihres Kleides vom Boden und macht einen Hofknicks. Die beiden Drittklässler stehen vor einem dunkelroten Samtvorhang und posieren für ein Foto. „Ich bin ein Hofmarschall“, sagt der achtjährige Paul. „Ich bin die Frau von Kaiser Wilhelm zwei“, erklärt Laura. Die haben gestern mit ihrer Klasse von der Babelsberger Goethe-Schule einen Ausflug in die Geschichte gemacht. Sie besuchten im Potsdam Museum in der Benkertstraße die Ausstellung „Aus allerhöchster Schatulle – Kaiserliche Geschenke“ – und nahmen danach am Begleitprogramm im Malteser Treffpunkt Freizeit am Neuen Garten teil. Dabei können die Kinder mit einfachen Mitteln einige der „kaiserlichen Geschenke“ nachbasteln – wie etwa gerahmte Porträts, Orden, verzierte Tassen oder Anstecknadeln.

150 Schüler haben das insgesamt dreistündige Programm, für das das Potsdam Museum mit dem Treffpunkt Freizeit kooperiert, bisher besucht, erklärte Projektkoordinatorin Miriam Schneider vom Malteser Treffpunkt Freizeit. Noch bis Weihnachten haben weitere Grundschul-Klassen die Möglichkeit, sich in der Ausstellung und beim Basteln im Treffpunkt ganz praktisch mit der Kaiserzeit auseinanderzusetzen – für einen Beitrag von drei Euro pro Schüler.

Im Bastelraum in der ersten Etage des Treffpunkts Freizeit glitzert und glänzt es: Pailletten, Flitter, Folie und Filz gibt es hier in verschiedenen Kisten, aber auch einfache Pappbecher und rechteckige Pappteller, auf denen sonst Bockwürste serviert werden. Aus den Bechern basteln die Kinder Erinnerungstassen nach dem Vorbild der Becher aus der Königlichen Porzellan-Manufaktur, die Pappteller werden zu Bilderrahmen für die eben aufgenommenen Porträts umfunktioniert. „Das Bild verschenke ich zu Weihnachten“, erklärt Laura: „Die Tasse behalte ich für mich.“

„Es ist wichtig, dass man die Fantasie der Kinder anregt“, sagt Birgit-Katharine Seemann, die Bereitsleiterin Kultur und Museum bei der Potsdamer Stadtverwaltung. Sie hält „Historische Spielprojekte“ wie das am Malteser Treffpunkt Freizeit für einen „wichtigen Beitrag zu kulturellen Entwicklung“. Und auch Hannes Wittenberg, der Leiter des Potsdam Museums, freut sich über die Zusammenarbeit: In den Museums-Räumen in der Benkerstraße wäre dafür schlicht kein Platz, erklärt er. Die museumspädagogische Arbeit mit Grundschülern ist ihm sehr wichtig: „Etwas Nachhaltigeres kann man gar nicht schaffen“, so Wittenberg.

Für den Malteser Treffpunkt ist die Kooperation mit dem Potsdam Museum der Auftakt für ein Modellprojekt zum Geschichtsunterricht, erklärt Elisabeth Tänzler, die pädagogische Leiterin des Malteser Treffpunkts Freizeit. Im Zentrum steht dann aber nicht mehr nur die Kaiserzeit, sondern die Zeit des Nationalsozialismus, die Nachkriegszeit sowie die DDR-Geschichte Potsdams. Ab Januar 2009 soll das auf zwei Jahre geplante Projekt offiziell starten. Das Bundesfamilienministerium übernehme die Hälfte für das Angebot: Das seien derzeit 22 000 Euro pro Jahr, so Tänzler.

Zwei Projekt-Mitarbeiter sowie Praktikanten und Tutoren sollen den Schülergruppen dann lebendigen Geschichtsunterricht vermitteln: Als Kooperationspartner wurden neben dem Potsdam Museum bereits die Universität Potsdam, Mitarbeiter des Zentrums für Zeithistorische Forschung und des Moses-Mendelsohn-Zentrums, das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte sowie das Kulturforum Östliches Europa gefunden, erklärt Projektkoordinatorin Miriam Schneider. Bisher hätten sich jedoch lediglich acht Zeitzeugen gemeldet (Siehe Kasten).

Anmeldung beim Potsdam Museum unter Tel.: (0331) 289 68 03 oder per Mail unter monika.krueger@rathaus.potsdam.de. Mehr Infos zum Modellprojekt unter: www.treffpunkt-geschichte.de.

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