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HEYES Woche: Potsdam – eine Geschichte

Als Neu-Potsdamer, dessen Neugier auf die Stadtgeschichte ungebrochen ist, liegt es nahe, in den wachsenden Bekannten- und daraus entstehenden Freundeskreis hinein nachzufragen: Wie war das damals vor dem Mauerfall? Eine Frage an die gerichtet, die schon zu DDR-Zeiten hier gelebt haben oder hier geboren wurden.

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Als Neu-Potsdamer, dessen Neugier auf die Stadtgeschichte ungebrochen ist, liegt es nahe, in den wachsenden Bekannten- und daraus entstehenden Freundeskreis hinein nachzufragen: Wie war das damals vor dem Mauerfall? Eine Frage an die gerichtet, die schon zu DDR-Zeiten hier gelebt haben oder hier geboren wurden. Denn tatsächlich gibt es viele wie mich: im bundesdeutschen Westen sozialisiert – und magnetisch angezogen von dieser schönen Stadt. Mein Nachbar – aus seinem Haus dringt fröhliche Musik, wenn er mit seiner Band „Blechzeit“ probt. Er war Trompeter beim abgewickelten Potsdamer Symphonie-Orchester und kann erzählen, wie es mal war: über unsere Straße und ihre Menschen. Kopfsteinpflaster gesäumt von Rotdorn-Bäumen, die meisten Häuser sind längst saniert und restauriert. Eine Straße, die Taxifahrer als sozialen Brennpunkt in Erinnerung haben. Der Schlosspark Babelsberg, gleich dahinter, Teil des Kulturerbes, wird immer ähnlicher dem, was auf vergilbten Stichen in den Antiquariaten des Holländischen Viertels zu sehen ist. Ich habe einen Stich vom Babelsberger Schloss auf einer Auktion ergattert. Es sieht schon wieder fast so aus wie vor mehr als 150 Jahren, als der Stich von Meisterhand auf eine Druckplatte gestochen wurde. Alles, was vor den Weltkriegen war und preußisch daher kommt, ist fast lückenlos zu haben. Geschriebene Geschichte über das Leben im Weberdorf Nowawes und über den Untergang des Handwerks der böhmischen Einwanderer als die mechanischen Webstühle aufkamen. Gerhard Hauptmanns Drama „Die Weber“ hätte in Babelsberg spielen können. Nur die jüngere Geschichte hat Redepause. Umfragen unter Schülern über die untergegangene DDR zeigen große Lücken. Nein, Adenauer war nicht Staatsratsvorsitzender..! Vor kurzem drückte mir eine Freundin ein Buch in die Hand: 25 Gesprächsprotokolle von Stammgästen „Damals im Café Heider“. Potsdams Bohème in den 70er und 80er Jahren. Die Staatssicherheit notierte: „Das von Heider geleitete Café bildet einen Sammlungs- und Konzentrierungspunkt negativ, dekadent eingestellter intellektueller Kreise.“ Das Café war eine einzige Abhöranlage, von der Stasi verwanzt. Ein Buch, das von Zivilcourage und Gedankenfreiheit berichtet. Erzählte Geschichte, die eine Neuauflage verdiente.

Uwe-Karsten Heye schreibt an dieser Stelle regelmäßig für die PNN. Unser Autor war Redenschreiber bei Willy Brandt und Regierungssprecher von Bundeskanzler a.D. Gerhard Schröder. Heute lebt Heye mit seiner Familie in Babelsberg und arbeitet dort als Autor und Publizist.

Uwe-Karsten Heye

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