Von Michael Erbach: Potsdam gegen Kommunalverfassung
Noch immer liegt die Jahresabschlussrechnung für den Haushalt nicht vor
Stand:
Während in früheren Jahren die Jahresabschlussrechnung für den städtischen Haushalt relativ zeitnah erfolgte, liegt die Schlussrechnung für das Jahr 2007 bis heute nicht vor. Und natürlich auch nicht die der Jahre 2008 und 2009. Grund genug für eine kritische Anfrage des Stadtverordneten Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis).
Doch dem Potsdamer Finanzbeigeordneten Burkhard Exner bereitet es keine schlaflosen Nächte, dass in der Landeshauptstadt ein Haushalt geführt ohne zu wissen, wie denn die Vorjahre verlaufen sind. Exner: „Haushaltspläne werden nicht auf der Grundlage alter Zahlen aufgestellt, sondern immer auf Grundlage einer Zukunftprognose.“
Dennoch: Im Paragraf 82 der Kommunalverfassung heißt es: „Die Gemeindevertretung beschließt über den geprüften Jahresabschluss bis spätestens zum 31. Dezember des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres.“ Verstößt Potsdam also gegen die Kommunalverfassung? Nur auf dem Papier, denn die Kommunalaufsicht sieht derzeit überhaupt keinen Grund, gegen die Stadtverwaltung vorzugehen.
Der Grund hat einen Namen: Die Einführung von Doppik. Während bei der zuvor üblichen kameralistischen Haushaltsführung lediglich Einnahmen und Ausgaben gegenübergestellt wurden, fließen bei der doppischen Buchführung auch die Vermögenswerte der Stadt, also auch Abschreibungen und der Vermögensverzehr in die Haushaltsabrechnung ein. Exner bezeichnet Doppik als „quasi kaufmännisches Rechnungswesen – allerdings mit vielen öffentlich-rechtlichen Besonderheiten“.
Potsdam gehört zu den Städten in Brandenburg, die als Modellkommunen zuerst auf Doppik umgestellt haben. Und das ist laut Exner auch der Hauptgrund für die Verzögerungen bei der Erarbeitung der Jahresabschlussrechnung für 2007. In der schriftlichen Antwort auf die Anfrage von Kirsch heißt es dazu, dass es sich bei der Umsetzung von Doppik um einen „Paradigmenwechsel“ handele, „der einen mehrjährigen Anpassungsprozess nach sich zieht“. So müssten Prozesse angepasst bzw. neu strukturiert werden, würden völlig neue Anforderungen an die Software gestellt und müssten interne Kontrollsysteme sowie Berichtsstrukturen entsprechend modifiziert werden. Zwar wurde bereits eine doppische Eröffnungsbilanz für Potsdam vorgestellt, die zum Zeitpunkt 1. Januar 2007 eine Vermögensbilanzsumme in Höhe von 1,0685 Milliarden Euro festsetzte – doch laut Stadtverwaltung „ist der weitaus größte Teil der Herausforderungen nach Eröffnungsbilanzerstellung zu bewältigen“. So sei Potsdam beispielsweise zu einem Zeitpunkt in die Doppik gestartet, „an dem die rechtlichen Rahmenbedingungen noch weitestgehend unklar waren.
Allerdings gibt die Stadtverwaltung zu, dass der ursprünglich vorgesehene Zeitplan für die Erstellung Jahresabschluss 2007 „modifiziert werden“ musste. Zurzeit werde von der Verwaltung ein „detailliertes Konzept zur strukturierten Erledigung der Restarbeiten erstellt“. Ziel sei, den Jahresabschluss schnellstmöglich fertig zu stellen. Ein genauer Termin wird in dem Papier nicht genannt. Exner sagt jedoch: „Bis Jahresende wollen wir den Jahresabschluss 2007 vorlegen“. Mit den bei der Erarbeitung gemachten Erfahrungen werde es gelingen, die Abschlüsse für 2008 und 2009 dann „wesentlich schneller“ zu erstellen.
Die Kommunalaufsicht stellt sich ganz klar hinter die Potsdamer Verwaltung. Auf Anfrage betont Wolfgang Brandt, stellvertretender Pressesprecher des Innenministeriums, dass Potsdam „erfolgreich und mit viel Engagement“ am Modellprojekt Doppik des Landes Brandenburg mitgearbeitet habe. Auch habe die Stadt die Probleme mit der Jahresabschlussrechnung 2007 dem Innenministerium „frühzeitig angezeigt“. Die Landeshauptstadt sei auf einem guten Weg, „die erforderliche Weiterentwicklung des doppischen Rechnungswesens weiter voran zu treiben“.
Eine Frage ist allerdings noch ungeklärt: Wird es möglicherweise Überraschungen geben, wenn demnächst die tatsächliche Schlussrechnung für 2007 vorliegt? Kämmerer Exner: „Ich gehe aber nicht davon aus, dass es böse Überraschungen geben wird. Im Gegenteil: Wir werden unter dem Strich vermutlich besser abschließen, als ursprünglich angenommen.“
Michael Erbach
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