Von Jana Haase: „Potsdam hat’s vergeigt“
Die Seefestspiele ziehen nach Berlin: Veranstalter kritisieren Stadt / Tourismusbranche bedauert Absage
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Berlin/Hermannswerder - Es war eine Absage mit Ansage, und Peter Schwenkow ließ bei der Verkündung gestern keinen Deutungsspielraum: „Potsdam hat’s vergeigt.“ Im eleganten Salon Königin Luise im Opernpalais Unter den Linden in Berlin bestätigte der Vorstand der Entertainment Deutschland AG (Deag) eine Nachricht, die Eingeweihte bereits am späten Mittwochabend per Mail erfahren hatten: Die Seefestspiele werden nicht wie ursprünglich geplant auf der Halbinsel Hermannswerder stattfinden (PNN berichteten). „Wir sind neun Kilometer nach Berlin gesegelt“, sagte Schwenkow. Dort feiert die Seeoper am Südende des Strandbades Wannsee im August 2011 nun Premiere. Eine spätere Rückkehr nach Potsdam schloss Schwenkow aus: „Ein klares Nein.“
Für die Veranstalter ist es das Ende einer monatelangen „Hängepartie“, wie Schwenkow konsterniert erklärte – er hoffe nun darauf, sich endlich auf den künstlerischen Inhalt konzentrieren zu können, sagte Schwenkow. Eine „Tour de Force“ hätten er und seine Mitarbeiter in Potsdam unternommen, unzählige Gesprächstermine habe es gegeben, ein eigens engagierter Taucher hatte in der Havel Seerosen kartiert, am Ufer auf Hermannswerder wurde nach „Kotresten von Salamandern“ gesucht – um Naturschutzbedenken auszuräumen. Gescheitert sei das Vorhaben letztlich aber vor allem wegen „fehlender politischer Unterstützung“, machte Schwenkow klar: „Es hat niemanden gegeben, der dieses Projekt wirklich gezogen hat, verteidigt hat, sondern man hat abgewartet.“
Im Herbst 2010 war das Projekt erstmals öffentlich vorgestellt worden, ein sommerliches Freiluft-Opern-Festival mit bis zu 4700 Zuschauern pro Aufführung wollte die Deag auf der Halbinsel Hermannswerder etablieren, mit dem Mozart-Klassiker „Die Zauberflöte“ sollte im August 2011 Debüt gefeiert werden. Kassandra-Qualitäten muss man ihm Nachhinein der Potsdamer Kulturbeigeordneten Iris Jana Magdowski (CDU) zugestehen: Sie hatte die Veranstalter bereits damals gewarnt, dass eine Genehmigung schwierig werden würde.
Tatsächlich war die Seeoper von Anfang an umstritten – bei Anwohnern, die Lärm und Müll befürchteten, vor allem aber bei Naturschützern, die im Fall der Genehmigung mit Klagen oder Beschwerden bei der EU drohten. Hatte die Deag doch mit Hermannswerder auf ein Gelände gesetzt, das unter anderem als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet, Landschaftsschutzgebiet und Wasserschutzgebiet besonderen Vorschriften unterworfen ist. Bedenken an der Genehmigungsfähigkeit hatte die Stadt öffentlich nie ausgeräumt – obwohl es laut Veranstalter seit November entsprechende Absprachen gab. Stattdessen hatte die Stadt immer wieder auf den offenen Ausgang des laufenden Genehmigungsverfahrens hingewiesen.
Ganz anders am Wannsee: Dort habe die Deag „innerhalb von 48 Stunden“ alle erforderlichen Genehmigungen bekommen. Norbert Kopp (CDU), der zuständige Bürgermeister des 300 000-Einwohner-Bezirkes Steglitz-Zehlendorf, sicherte dem Projekt gestern „volle Unterstützung“ zu. „So eine Erklärung haben wir in Potsdam in acht Monaten nicht bekommen“, sagte Schwenkow.
Für die Zuschauer ändert sich mit dem Umzug lediglich der Anreiseweg: Die Tickets behalten ihre Gültigkeit, da dieselbe Tribüne genutzt wird, bleibt die Platzierung identisch. Auch das Programm bleibt gleich. Die Kammerakademie Potsdam und der Neue Kammerchor Potsdam stehen wie geplant auf der Bühne, die Schüler des evangelischen Gymnasiums Hermannswerder, auf deren Schulhof die Tribüne ursprünglich hätte aufgebaut werden sollen, seien nach wie vor herzlich zur Teilnahme als Sänger eingeladen, betonte Christoph Dammann, der Seefestspiele-Intendant. Ihm „blute das Herz“, aber die Absage an Potsdam sei „die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt“ gewesen, sagte der Wahlpotsdamer. In Potsdam wurde die Entscheidung gestern größtenteils mit Bedauern aufgenommen. Während die Stadt daran festhielt, dass das eingeschlagene Genehmigungsverfahren der richtige Weg war, sprachen Politiker von CDU und FDP sowie Vertreter der Tourismus-Branche von einer „vertanen Chance“. „Man sucht hier nicht nach Wegen, wie man eine Idee realisieren kann, sondern nach Hindernissen“, ärgerte sich Burkhard Scholz, Chef des Inselhotels Hermannswerder. Er wünsche sich von der Verwaltung „mehr Engagement, mehr Kompetenz, mehr Schnelligkeit“.
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