Landeshauptstadt: Potsdam im Kälteschock
Bisher gibt es kaum Schäden durch den Dauerfrost, aber mehr Autopannen. Die Polizei warnt vor allem vor den Eisflächen auf Seen und Flüssen – sie sind nicht tragfähig
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Potsdam friert – doch sonst kommt die Stadt mit der sibirischen Kälte gut zurecht. Schäden gibt es bislang kaum. Seit einer Woche liegen die Höchsttemperaturen dauerhaft unter dem Gefrierpunkt. Zum ersten Mal in diesem Winter ist es richtig kalt. Am Mittwochmorgen wurden auf dem Telegrafenberg minus zwölf Grad gemessen. Kalt und trocken soll es mindestens bis zum Sonntag bleiben.
Probleme durch den Dauerfrost bekamen in den vergangenen Tagen besonders Autofahrer. Der ADAC wurde allein am Dienstag 86 Mal zur Pannenhilfe in Potsdam gerufen. Eine Woche zuvor gab es nur 25 Einsätze in der Landeshauptstadt, teilte der ADAC mit. Die Zunahme gehe überwiegend auf die frostigen Temperaturen zurück. Die Autobatterien seien weniger leistungsfähig. Außerdem belaste der zusätzliche Verbrauch durch die Heizung die Aggregate. Zudem bilde sich an den Zündkerzen Kondenswasser – dann springe das Auto nicht an. Die vielen Einsätze sorgen für längere Wartezeiten. Am Dienstag waren die Pannenhelfer im Durchschnitt nach einer Stunde und zehn Minuten vor Ort – üblich sei weniger als eine halbe Stunde.
Damit die Potsdamer Wohnungen warm bleiben, erhöht der Fernwärmeversorger EWP die Kraftwerksleistung. „Bei minus zehn Grad ist der Bedarf nach Fernwärme um 40 Prozent höher als bei Temperaturen um den Gefrierpunkt“, sagte EWP-Sprecher Stefan Klotz. Das sei aber unproblematisch. Die Leistung im Heizkraftwerk Potsdam-Süd könne weiter erhöht werden, sollte es noch kälter werden. In den letzten kalten Wintern sei dies auch geschehen, so Klotz. Weder bei der Fernwärme noch bei den Wasserleitungen sei es bisher zu Schäden an den Rohren gekommen. Allerdings sei dies auch üblich: Risse würden meist erst mit einsetzendem Tauwetter zu Rohrbrüchen führen.
Auf dem Wasser wird es schon jetzt gefährlich: Viele Flüsse und Seen in der Stadt haben durch die andauernden Minusgrade bereits eine geschlossene Eisschicht. Dennoch warnen Wasserwacht und Polizei davor, die Eisflächen zu betreten. „Das Eis auf den Seen ist nicht tragfähig“, sagte auch Thomas Krüger vom Wasser- und Schifffahrtsamt in Potsdam. Die Oberfläche sei zwar zugefroren, aber die Eisdecke sei meist nur fünf bis sieben Zentimeter dick. „Es ist lebensgefährlich, auf das Eis zu gehen“, so Krüger. Unterwasserströmungen oder die Sonneneinstrahlung können dafür sorgen, dass die Eisdecke an einigen Stellen sehr dünn ist, auch wenn das von oben nicht zu erkennen ist. Außerdem können wärmere Zuflüsse oder unter dem Eis eingeschlossene Gase das Eis brüchig machen. Auch das Eis auf der Havel sei nicht tragfähig. Hier kontrolliert das Amt täglich die Dicke der Eisdecke. Am Mittwoch waren es zwischen fünf und acht Zentimeter. Der Schiffsverkehr auf dem Fluss sei noch möglich. Für den Havelkanal rechnete Krüger am heutigen Donnerstag mit der Sperrung. Wer jemanden bemerkt, der ins Eis eingebrochen ist, sollte den Notruf 112 anrufen und versuchen dem Eingebrochenen Gegenstände zu reichen, etwa einen Ast, so die Wasserwacht. Wichtig ist, das Hilfe schnell komme, weil im eisigen Wasser nach kurzer Zeit Bewusstlosigkeit drohe. Im Klinikum „Ernst von Bergmann“ mussten noch keine Erfrierungen behandelt werden. Da es zwar kalt aber nicht glatt ist, gab es auch nicht die wintertypischen Verletzungen durch Stürze.
Besonders gefährlich ist die Kälte für Menschen ohne Wohnung: Das Obdachlosenheim der Arbeiterwohlfahrt (AWO) verzeichnete in den letzten Tagen zusätzliche Gäste, so AWO-Geschäftsführerin Angela Basekow. In dem Heim im Lerchensteig mit 95 Plätzen und 15 Notbetten können aber noch Menschen aufgenommen werden. Niemand, der Hilfe suche, werde weggeschickt. Weitere 24 Plätze gibt es für jugendliche Obdachlose. Im Familienhaus der Stadt können bis zu 60 Personen unterkommen. Seit Mittwoch hat die Suppenküche ihre Öffnungszeiten erweitert und hat nun von 7 bis 17 Uhr geöffnet. Die Volkssolidarität betreibt sie auf dem Gelände der Stadtverwaltung im Bürocontainer II mit Zugang über Hegelallee, Helene-Lange-Straße oder Friedrich-Ebert-Straße. Dort gibt es neben Frühstück und warmen Mittagsmahlzeiten heiße Getränke und warme Bekleidung.
Für die Landwirtschaft ist die Kälte zu dieser Zeit zu verschmerzen. „Schlimmer wäre es, wenn es jetzt mild wäre und im März ein Kälteeinbruch kommt“, sagte Manfred Kleinert vom Obstgut Marquardt, das auf einer Fläche von 80 Hektar Äpfel, Kirschen und Erdbeeren anbaut. Die Pflanzen seien jetzt in der Ruhephase und enthielten kaum Wasser. Deshalb könne ihnen der Frost wenig anhaben. Minusgrade im Februar seien eben ganz normal.
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