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Von Jan Brunzlow: Potsdam kostet eine Milliarde

Als erste Stadt Brandenburgs hat Potsdam eine Bilanz erstellt – mit 182 Millionen Euro Schulden und der Vorlage für neues Monopoly

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Wäre die Freundschaftsinsel verkäuflich, könnte die Stadt dafür 612 700 Euro verlangen. Diesen Wert hat Kämmerer Burkhard Exner zumindest in die Eröffnungsbilanz der Landeshauptstadt Brandenburgs für das grüne Eiland in der Stadtmitte geschrieben. Die Bilanz mit dem Stichtag 1. Januar 2007 ist nötig geworden, weil die Stadt ihr Rechnungswesen des bisher kameralen Haushaltes auf das doppische System eines Unternehmens umgestellt hat. Damit ist das Eigentum der Stadt erstmalig beziffert worden, sagte Exner. Das Ergebnis: Potsdam kostet eine Milliarde Euro plus X. Denn die tatsächlichen Werte der städtischen Gesellschaften Klinikum, Pro Potsdam und Stadtwerke, die selbst Bilanzen in dreistelliger Millionenhöhe haben, sind in der Eröffnungsbilanz nicht enthalten. Die Schulden der Stadt haben damals 182 Millionen Euro betragen.

Potsdam ist die erste Landeshauptstadt der neuen Bundesländer, die eine Eröffnungsbilanz vergleichbar mit der eines Unternehmens vorgelegt hat. Für Exner dabei besonders erstaunlich: Die Eigenkapitalquote der Stadt, also nicht durch Krediten belastetes Vermögen, liegt bei gut 47 Prozent. Im Vergleich zu anderen deutschen Städten sei dies ein hoher Wert, sagte Exner: Die Stadt München mit einer Bilanzsumme von 19,1 Milliarden Euro hat eine Kapitalquote von 40,45 Prozent, Hamburg mit einer Bilanz von 49,4 Milliarden Euro hat eine Kapitalquote von 5,55 Prozent. Negativbeispiel kommunaler Bilanzen stellt nach Darstellung von Exner die Stadt Salzgitter dar: „Als Unternehmer müsste man in diesem Fall den Insolvenzverwalter aufsuchen“, so der Kämmerer. Denn Salzgitter hat in der Bilanz eine negative Eigenkapitalquote.

Das Potsdamer Monopoly enthält allein bei der Infrastruktur 97 Brücken und 767 Straßen mit einer Gesamtlänge von 620 Kilometern. Das teuerste Bauwerk ist dabei die Humboldtbrücke mit einem angesetzten Wert von 13,9 Million Euro. Bewertet worden sind die Anlagen nach einem Berechnungsmaßstab der Technischen Universität Dresden, erklärte Ralf Zeretzke, Leiter des städtischen Beteiligungsengagements. Die Bauschäden seien vom Wert der Anlagen bereits abgezogen.

Der errechnete Wert von Straßen, Plätzen, Grünflächen und Häusern sei allerdings nicht berechnet worden, um diese zu veräußern, sagte Burkhard Exner. Jedoch verdeutliche die neue Haushaltsführung, wie eine Stadt mit ihrem Vermögen umgeht. Denn künftig werde bei jedem Jahresabschluss ablesbar sein, ob sie ordentlich gewirtschaftet hat oder nicht. Den Unterschied zwischen früheren Haushaltsplänen und den heutigen Bilanzen erklärte Exner am Beispiel eines Hausverkaufes: Wurde dies bislang für 50 000 Euro verkauft, habe dies beim früheren System als großes Plus allein auf der Einnahmenseite gestanden. Wenn der Wert des Hauses aber zuvor mit 100 000 Euro beziffert wurde, stehe ab jetzt ein dickes Minus in der Bilanz. Daher habe die Stadt „nichts schön gerechnet“, so Exner. „Das würde uns auf die Füße fallen.“

Eine Jahresabschlussrechnung für das erste Bilanzjahr 2007 werde noch in diesem Jahr erwartet. Ursprünglich geplant war ein Minus von 19 Millionen Euro. Exner hofft rückwirkend auf einen besseren Abschluss. Für dieses Jahr ist ein Plus prognostiziert. Dies werde nicht wie bei Unternehmen als Dividende ausgeschüttet, sondern in die Substanz investiert, so Exner. Jan Brunzlow

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