Studie über kommunale Investitionen: Potsdam landet weit hinten
In einem Ranking des Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zu Investitionen in die kommunale Infrastruktur landet Potsdam landesweit auf dem vorletzten Platz – ein ungewohntes Bild für den erfolgsverwöhnten Überflieger.
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Potsdam - Der sonst so erfolgsverwöhnte Überflieger Potsdam findet sich in einem aktuellen Ranking des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung aus Berlin (DIW) auf einem ungewohnten Platz wieder: Bei einer am Mittwoch in Berlin vorgestellten Studie zu den Pro-Kopf-Investitionen der Kreise und kreisfreien Städte Deutschlands in die kommunale Infrastruktur landet Potsdam im Landesvergleich auf dem vorletzten Platz. Auch im bundesweiten Vergleich reiht sich die Landeshauptstadt in die Riege der Kellerkinder ein. Der Studie zufolge gab Potsdam 2013 für Kitas, Schulen und Straßen je Einwohner nur 127, 10 Euro aus. Selbst die Stadt Brandenburg an der Havel, die sonst selten in den Genuss kommt, Potsdam zu überflügeln, gab mit 184,88 Euro pro Kopf deutlich mehr aus. Spitze in Brandenburg und sogar in Ostdeutschland ist der Landkreis Teltow-Fläming mit 401 Euro pro Kopf.
Investitionsschwäche bei Kommunen
Insgesamt attestieren die Autoren den deutschen Kommunen jedoch eine anhaltende Investitionsschwäche. Es werde seit Jahren auf Verschleiß gefahren, heißt es in der Studie. Dabei sei eine gute öffentliche Infrastruktur eine wesentliche Voraussetzung für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung von Wachstumspotentialen. „Trotz der öffentlichen Überschüsse investiert ein großer Teil der Kommunen zu wenig, und die Probleme werden sich für viele von ihnen noch verschärfen, wenn die Wirtschaftspolitik nicht schnell und entschieden gegensteuert. Vor allem Kommunen mit hohen Sozialausgaben investieren deutlich weniger“, bilanzierte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Die Experten empfehlen deshalb, den Solidaritätszuschlag temporär zu nutzen, um die Kommunen bei den Sozialleistungen für Wohnen und Heizkosten zu entlasten. Damit würde der Rahmen für mehr kommunale Investitionen geschaffen.
Sozialausgaben in Potsdam vergleichsweise moderat
Die geringen Investitionen Potsdams in die Infrastruktur lassen sich nach Ansicht von DIW-Autor Ronny Freier allerdings nicht mit überhohen Sozialleistungen, etwa für Hartz IV-Empfänger, erklären. Die Ausgaben für das sogenannte Wohngeld beispielsweise beliefen sich in Potsdam auf rund 220 Euro pro Kopf. „Das ist nicht gravierend hoch“, so Freier. In Brandenburg an der Havel seien es 330 Euro je Einwohner, in Frankfurt (Oder) sogar 347 Euro. Daher würden 127 Euro pro Kopf für Investitionen in die kommunale Infrastruktur auf den ersten Blick schon „relativ wenig“ erscheinen, sagte der Wirtschaftswissenschaftler den PNN. Zumal Potsdam vergleichsweise hohes Steueraufkommen habe.
Noch vor 15 Jahren hatte Potsdam laut DIW das Investitionsranking sogar noch angeführt – zumindest brandenburgweit. Im Jahr 2000 lagen die Pro-Kopf-Ausgaben demnach bei 727 Euro. Selbst der aktuelle deutsche Spitzenreiter, der Landkreis München, kann mit Ausgaben in Höhe von 724 Euro diesen alten Wert nicht reißen. 2008 folgte für Potsdam dagegen der Absturz: Mit nur noch 101 Euro belegte die Stadt zumindest im Landesvergleich den letzten Platz.
Potsdamer besser als Studie vermuten lässt
Möglicherweise aber steht Potsdam besser da, als es die Zahlen der Wirtschaftswissenschaftler auf den ersten Blick vermuten lassen. Denn nicht berücksichtigt werden bei der Studie die Investitionen der kommunalen Betriebe. „Städte, die die Aufgaben direkt übernehmen, weisen daher entsprechend höhere Pro-Kopf-Investitionen auf als jene, die viele ihrer Zuständigkeiten ausgelagert haben“, räumt DIW-Autor Freier ein.
Hohe Investitionen für Schulen, den öffentlichen Nahverkehr und den Bau eines Sport- und Freizeitbades geplant
Entsprechend zeigt man sich in der Potsdamer Stadtverwaltung leicht irritiert: „Die Studie des DIW gibt die tatsächliche Situation in der Landeshauptstadt nur zum Teil wieder“, heißt es auf PNN-Anfrage. Denn neben dem Haushalt der Stadt trage der Kommunale Immobilien Service (KIS) die Hauptlast der Investitionen in die Infrastruktur. So habe der KIS im Jahr 2013 29,5 Millionen Euro in die Infrastruktur investiert, davon 24 Millionen Euro in Schulen, Sportstätten und Kitas, erklärt die Stadt. „Hinzu kommen die städtischen Unternehmen, sodass wir den Vergleich mit anderen brandenburgischen Städten nicht scheuen müssen“, heißt es selbstbewusst. Zudem seien bereits weitere große Investitionen geplant, die natürlich für die 2013er-Studie des DIW noch keine Berücksichtigung fanden, darunter der beschlossene Schulentwicklungsplan 2014 bis 2020 in Höhe von rund 160 Millionen Euro, 50 Millionen Euro für den öffentlichen Personennahverkehr in den nächsten beiden Jahren und 30 Millionen Euro an Investitionen in den Verwaltungscampus plus bis zu 36 Millionen Euro für den Bau des Sport- und Freizeitbades.
Eine Vergleichbarkeit aller Kommunen bis auf die letzte Kommastelle sei ohnehin nicht das Ziel gewesen, so Ronny Freier. „Es ging uns darum, den wichtigsten Bereich der kommunalen Investitionen insgesamt zu untersuchen und daraus einen allgemeinen Trend in Deutschland abzuleiten.“
Gutes Brandenburger Mittelmaß
Für einen deutlichen Sprung in gewohnte Tabellengefilde jedoch reichen auch die zusätzlichen knapp 30 Millionen Euro aus der KIS-Kasse nicht aus. Zumal auch andere Kommunen Aufgaben ausgelagert haben dürften. Bei einer Bevölkerungszahl von rund 164 000 Einwohnern sprängen gute 180 Euro pro Kopf mehr dabei für Potsdam heraus. Rechnet man alles zusammen, reicht es für gutes Brandenburger Mittelmaß.
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