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Platzfrage. Flüchtlinge sollen eigentlich nur übergangsweise in Gemeinschaftsunterkünften wohnen. Doch weil Sozialwohnungen fehlen und trotzdem mehr Asylbewerber untergebracht werden müssen, soll nun ein neues Heim im Industriegebiet Rehbrücke gebaut werden. Doch der Standort ist umstritten.

© Felix Kästle/dpa

Landeshauptstadt: Potsdam muss mehr Flüchtlinge aufnehmen

178 Asylbewerber sollen in diesem Jahr kommen – weit mehr als erwartet. Das geplante zweite Heim soll deshalb größer werden

Stand:

Potsdam muss in diesem Jahr mehr Asylbewerber aufnehmen als bisher angenommen. Wie die Sozialbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) am Dienstag sagte, habe das Land die Zahl der Flüchtlinge, die aus der zentralen Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt nach Potsdam zugewiesen werden, erneut nach oben korrigiert. Statt wie zuletzt geplant 153 sollen nun 178 Asylbewerber im Jahr 2013 in der Landeshauptstadt aufgenommen werden. Zu Jahresbeginn war noch von 110 ausgegangen worden. Grund ist die seit etwa einem Jahr bundesweit andauernde deutliche Zunahme an Asylanträgen.

Die höhere Zuweisung von Asylbewerbern durch das Land verschärft die Probleme bei der Unterbringung. Waren zwischen 2006 und 2010 noch um die 30 Flüchtlinge pro Jahr nach Potsdam gekommen, waren es 2011 schon 72, im vergangenen Jahr 78. Bisher konnte Potsdam nur 61 Flüchtlinge aufnehmen. Und das Flüchtlingsheim am Schlaatz und die kleinere Wohngruppe für traumatisierte Frauen in der Hegelallee sind bis auf den letzten Platz belegt. Eigentlich sollten Flüchtlinge nur vorübergehend dort leben. Nach spätestens einem Jahr soll jeder eine eigene Wohnung haben. Das ist auch die Linie des Landes. Doch wegen des angespannten Wohnungsmarktes klappt das nicht. Bis zur Jahresmitte sei 40 Asylbewerbern eine eigene Wohnung vermittelt worden, so Müller-Preinesberger. Zwar hat die Verwaltung ihre Bemühungen verstärkt, doch weitere Flüchtlinge werden kurzfristig kaum unterkommen. „Das schaffen wir nicht mit Wohnungen“, sagte Müller-Preinesberger.

Deshalb hält die Verwaltung auch an ihrem Vorhaben fest, ein Heim für Flüchtlinge in der Straße Am Buchhorst im Industriegebiet zu errichten. Nun geht Müller-Preinesberger davon aus, dass das Heim in Leichtbauweise in voller Kapazität für 100 Bewohner errichtet werden muss. Bisher war von 50 bis 100 Plätzen die Rede. Für einen Neubau stünden keine Investitionsmittel zur Verfügung. Container könne man hingegen anmieten. Außerdem drängt die Zeit: Die Unterkunft soll bis Mitte 2014 stehen. Die Kosten liegen bei bis zu 400 000 Euro jährlich. Gegen die Pläne für das Heim hatten Flüchtlingsvertreter im Juni demonstriert. Sie fürchten beengte Wohnverhältnisse in einem Containerdorf und einen Mangel an Integration. Wie im Flüchtlingsheim am Schlaatz sollen auch die Unterkünfte in den Containern wohnungsähnlich sein, hält Müller-Preinesberger dagegen. Für einen oder mehrere alternative Standorte zeigte sie sich am Dienstag jedoch offen. 38 Grundstücke habe man bisher insgesamt geprüft und nur eines sei geeignet gewesen. Oft sind auf den Grundstücken Wohnungen geplant, sie sind zu abgelegen oder Gebäude und Boden sind mit Schadstoffen belastet, wie aus einer Liste der Stadt hervorgeht.

Für Potsdams Beauftragte für Migration und Integration, Magdolna Grasnick, wird die Suche nach einer geeigneten Unterbringung der Flüchtlinge dringlicher. Sollte ein Heim im Industriegebiet entstehen, sei dies nur eine Zwischenlösung. „Besser wären kleinere Einrichtungen wie in der Hegelallee“, so Grasnick. Das Grundproblem sei der Wohnungsmangel. „Es wären mehr Sozialwohnungen nötig. Davon würden auch Flüchtlinge profitieren“, sagte sie. Ohne Wohnungsbauförderung vom Land sei dies schwierig. Die Verantwortung liege aber zunächst bei Potsdam selbst: „Eine Stadt mit 160 000 Einwohnern sollte es innerhalb eines Jahres schaffen, weniger als 200 Flüchtlinge unterzubringen“, so Grasnick.

Die größte Gruppe unter den neuen Asylbewerbern kommt bundesweit derzeit aus der Russischen Föderation – oft handelt es sich um Flüchtlinge aus dem Krisengebiet in Tschetschenien. In Potsdam leben Asylbewerber aus 25 Ländern – der überwiegende Teil kommt aus Afghanistan, dem Irak, der Russischen Föderation, Kenia und dem Libanon.

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