Ladenöffnungszeiten: Potsdam plant neun Verkaufssonntage
Die Stadt will die Beschränkung auf nur sechs Einkaufs-Sonntage erneut umgehen – Kritik kommt von Kirche und Gewerkschaft.
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Potsdam - Im Streit um die Zahl der verkaufsoffenen Sonntage setzt die Stadt Potsdam weiterhin auf Konfrontation mit dem Land. Für das kommende Jahr plant sie eine Öffnung an neun Sonntagen, wie aus einer Beschlussvorlage der Verwaltung hervorgeht. Damit umgeht sie die vom Land geforderte Beschränkung auf sechs Tage. Bei der Kirche und der Gewerkschaft stößt dies auf heftige Kritik.
Mit dem Vorschlag bleibt die Stadt bei ihrer Lesart des Ladenöffnungsgesetzes des Landes. Dieses erlaubt eigentlich nur sechs verkaufsoffene Sonntage pro Jahr, doch die Potsdamer Verwaltung teilt die Stadt in mehrere Zonen auf, die jeweils höchstens sechs offene Sonntage bekommen. Aus Sicht der städtischen Wirtschaftsförderung wird damit garantiert, dass kein Geschäft öfter als sechsmal im Jahr sonntags offen hat.
Weil das Gesetz zudem nur eine Sonntagsöffnung zu bestimmten Anlässen mit „besonderem öffentlichen Interesse“ erlaubt, hat die Stadt eine Liste mit zehn solchen Anlässen ausgearbeitet; Feste wie das Tulpenfest, der Töpfer- oder der Weihnachtsmarkt, aber auch neue Veranstaltungen sind darunter. So gibt es am 6. April ein „Festival der Langohren“ im Stern-Center mit einem speziellen Osterprogramm, am 2. November ist eine in Kooperation mit der Daimler AG organisierte Ausstellung mit dem Titel „Faszination Motorsport“ geplant – ebenfalls im Stern-Center. Am gleichen Tag soll in den Bahnhofspassagen ein Spielefestival der Anlass für eine Sonntagsöffnung sein.
Vor allem die drei neu geschaffenen Anlässe werden von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi heftig kritisiert. „In diesen drei Fällen handelt es sich um Belustigungen, die keinen traditionellen, wiederkehrenden, historischen oder ortstypischen Charakter haben“, heißt es in der Stellungnahme der Gewerkschaft. Dass diese in Einkaufszentren stattfinden sollen, sei bezeichnend. Dadurch entstehe der Verdacht, „dass die entstehenden Kundenströme Ergebnis der Ladenöffnung und nicht etwa des als Grund benutzten Ereignisses sein werden“. Oberkirchenrat Martin Vogel, Länderbeauftragter der Evangelischen Kirche, kritisiert insbesondere die Oster-Aktion im Stern-Center. Er frage sich, inwieweit die Landeshauptstadt mit einem „Festival für Langohren“ ihrer kulturpolitischen Verantwortung gerecht werde. Außerdem bemängelt Vogel – genauso wie die Gewerkschaft – dass die Läden am ersten, zweiten und vierten Advent geöffnet haben sollen, obwohl nur zwei verkaufsoffene Sonntage innerhalb von vier Wochen zulässig sind.
Die Stadt argumentiert hingegen, eine Ladenöffnung während der Veranstaltungen in den Einkaufszentren sei erforderlich, „um das Versorgungsbedürfnis der Besucher zu befriedigen“. Außerdem wirkten sie identitätsstärkend und machten die Center auch überregional bekannt. Die Wirtschaftsverbände begrüßen den Vorschlag der Stadt erwartungsgemäß. Alle Termine enthielten nachvollziehbare Begründungen, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme vom Handelsverband Berlin-Brandenburg und der Industrie- und Handelskammer.
Schon für 2012 hatte die Stadt ein ähnliches Modell mit mehreren Stadtteilen vorgeschlagen. Damals war es zum Streit mit der Landesregierung gekommen, die den Potsdamer „Flickenteppich“ nicht akzeptieren wollte. Diesmal hielt sich das zuständige Arbeitsministerium mit Kritik zurück. Sollten Beschwerden zu einer beschlossenen Verordnung vorliegen, werde das Ministerium diese „prüfen und gegebenenfalls aufheben“, hieß es lediglich. Hintergrund ist eine Art Stillhalteabkommen zwischen den Beteiligten. Bis Ende 2014 wurde ein Beobachtungszeitraum vereinbart – erst dann will sich das Land endgültig positionieren.
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