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Landeshauptstadt: Potsdam setzt ein Zeichen

Am Mittwochabend verbanden sich rund 2000 Potsdamer zu einer Menschenkette, um Flüchtlingen ihre Solidarität zu zeigen

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Innenstadt/Potsdam-West - Bunte Luftballons, leuchtende Plastikstäbchen, Kerzen, Laternen und Transparente – von der Innenstadt bis zur Pirschheide: Zu einer beeindruckenden Menschenkette trafen sich am Mittwochabend im Feierabendberufsverkehr nach Veranstalterangaben rund 2000 Potsdamer in der Zeppelinstraße. Die Organisatoren vom Stadtteilnetzwerk Potsdam-West, die unter anderem von der Erlöserkirchengemeinde, dem Stadtsportbund, den Vereinen Brandenburger Vorstadt und Westkurve Potsdam, der Landeshauptstadt und dem Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ unterstützt wurden, hatten anlässlich des Tages der Menschenrechte zu der Aktion aufgerufen – als Zeichen für mehr Willkommenskultur für Flüchtlinge. Zu der Menschenkette unter dem Motto „Gemeinsam Willkommen“ fanden sich Potsdamer vom Kleinkind- bis zum Rentenalter zusammen.

Um 18 Uhr, als die Kirchenglocken läuteten, erstreckte sich die Menschenkette über rund drei Kilometer nahezu geschlossen – nur auf dem letzten Kilometer zur Pirschheide, einem der Standorte für eine neue Flüchtlingsunterkunft, gab es teils große Lücken. Augenzeugen von diesem Abschnitt berichteten auch von Beschimpfungen – im Online-Netzwerk Facebook hatte ein Anwohner der Stadtheide vorher zur Gegendemonstration aufgerufen.

Unter den Teilnehmern der Menschenkette waren viele Landes- und Lokalpolitiker, Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und sein Brandenburger Amtskollege Helmuth Markov (Linke). Die Ereignisse der letzten Monate mit ausländerfeindlichen Demonstrationen in mehreren Städten hätten ihn schockiert, sagte Maas, der sich am Anfang der Kette an der Breiten Straße positionierte. Er sei zwar überzeugt, dass das nicht die Meinung der Mehrheit sei: „Aber auch die schweigende Mehrheit muss irgendwann Gesicht zeigen und auf die Straße gehen“, sagte der Bundesminister, der seit diesem Sommer in Potsdam lebt. Wichtig zum Abbau von Vorurteilen sei Information und Aufklärung: So handele es sich etwa bei den jetzt aus Syrien nach Deutschland kommenden Flüchtlingen mehrheitlich um Christen – die Furcht vor einer angeblichen Islamisierung sei also unbegründet. Er wünschte sich auch in der Politik parteiübergreifend klare Stellungnahmen gegen Ausländerfeindlichkeit.

Die aktuellen Diskussionen um die neuen Flüchtlingsunterkünfte hält Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) für „im Großen und Ganzen sehr verträglich“. Dennoch müsse man fürchten, dass sich „unterschwellige Ressentiments“ Bahn brechen. Daher sei es wichtig, ein Zeichen für eine Willkommenskultur zu setzen. „Flüchtlinge haben wie alle anderen auch Rechte“, betonte Brandenburgs Justizminister Helmuth Markov, der am Bahnhof Charlottenhof in der Menschenkette stand. Eine Willkommenskultur für Flüchtlinge gebiete schon die Mitmenschlichkeit.

„Dass die Menschenrechte umgesetzt werden, sollte selbstverständlich sein“, sagte Rentnerin Monika Kelly, eine der vielen Demonstrantinnen. Auch Erzieher Steffen Kaletta wollte ein Zeichen für mehr Willkommenskultur setzen – „deswegen bin ich hier“. „Ich will, dass Potsdam Flüchtlinge gut aufnimmt“, sagte die 49-Jährige Sabine Reh: „Wenn mir mal so etwas passiert, möchte ich ja auch, dass man gut aufgefangen und begleitet wird.“

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