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SERIE: Potsdam sucht den Super-Stern Stern Stunde

Ein Forscherteam der Universität Potsdam hat den zweithellsten Stern der Milchstraße entdeckt

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Im gegenwärtigen Jahr der Astronomie berichten Potsdamer Astrophysiker regelmäßig in den PNN von ihren liebsten Himmelskörpern.

Ein Forscherteam im Institut für Physik und Astronomie der Universität Potsdam hat im vorigen Jahr einen Stern entdeckt, der den Titel „zweithellster Sterns unserer Milchstraße“ beanspruchen kann. Er strahlt drei Millionen Mal mehr Energie ab als unsere Sonne. Das Objekt befindet sich im Zentralgebiet unserer Heimatgalaxie und ist von einem Nebel umgeben, den wir wegen seiner Form „Pfingstrosennebel“ genannt haben.

Trotz dieser starken Strahlung ist der Stern nicht ohne spezielle Teleskope zu sehen. Und zwar nicht nur deshalb, weil der zentrale Teil der Milchstraße von unseren Breiten aus stets unter dem Horizont bleibt – nur Südreisende kennen den prächtigen Anblick, den das Band der Milchstraße in seinem hellsten Abschnitt bietet. Entscheidend ist, dass die flache Scheibe des Spiralnebels „Milchstraße“, in dessen Außenbezirken wir leben, ihr Zentrum hinter undurchsichtigen Staubwolken versteckt. Aber auch ohne diese Staubwolken wäre der Stern im Pfingstrosennebel mit bloßem Auge kaum zu erkennen: Das Zentrum unserer Milchtraße ist immerhin 26 Tausend Lichtjahre entfernt.

Dass wir die Zentralgebiete unserer Milchstraße untersuchen können, verdanken wir einer neuen Generation von Instrumenten. Mit ihnen wird Strahlung aufgenommen, die langwelliger ist als das sichtbare Licht und deshalb von den sehr kleinen Staubkörnern in den galaktischen Wolken nur wenig geschwächt wird. Für unsere Beobachtungen im „mittleren Infrarot“ benutzten wir das „Spitzer Weltraum-Teleskop“ der NASA. Damit wird „warmer Staub“ sichtbar gemacht, der zum Beispiel wie unser Pfingstrosennebel von einem kräftig leuchtenden Stern in seiner Nähe aufgeheizt wird.

Das „nahe Infrarot“ kann sogar mit geeigneten Kameras von erdgebundenen Teleskopen aufgenommen werden. In wenigen Wochen werden wir ein Großteleskop der Europäischen Südsternwarte in Chile erneut auf den Pfingstrosennebel richten. Eigentlich ist infrarote Strahlung denkbar ungeeignet, um solche Sterne zu untersuchen. Mit ihrer hohen Oberflächentemperatur senden sie nämlich ihre Strahlung ganz überwiegend als ultraviolettes Licht aus, also bei kürzeren Wellenlängen als das sichtbare Licht. Das ist für uns so, als ob ein Hund nur mit der Schwanzspitze hinter einer Hausecke hervorragt, und wir müssten aus dieser Beobachtung Art und Größe des Hundes herausfinden. Das klappt natürlich nur, wenn man über eine genaue Vorstellung, ein „Modell“ aller möglichen Hunde verfügt. Im Falle der Sterne sind das höchst komplizierte und aufwändige Computersimulationen, die von unserer Forschungsgruppe in jahrelanger Arbeit entwickelt worden sind. Erst mit deren Hilfe war es überhaupt möglich, aus den Beobachtungen auf die enorme Energieabstrahlung des Sternes zu schließen – bekannt war das infrarote Lichtpünktchen unter dem Katalognamen WR102ka schon seit etlichen Jahren. Warum strahlt dieser Stern millionenfach mehr Energie ab als „normale“ Sterne wie unsere Sonne? Das liegt an seiner viel größeren Masse. Offenbar hat der Pfingstrosennebel-Stern bei seiner Entstehung ungewöhnlich viel Material mitbekommen. Wie es dazu kommen kann, ob etwa durch Verschmelzung mehrerer kleinerer Sterne, ist noch nicht klar. Auffälligerweise entdecken wir mehr und mehr solcher extrem leuchtkräftiger Sterne gerade im zentralen Bereich unserer Milchstraße.

Sicher ist, dass bei solch verschwenderischem Umgang der Energievorrat des Sterns nicht lange reichen wird. Spätestens in einer Million Jahren wird er, begleitet von einer gewaltigen Explosion, schlagartig in ein Schwarzes Loch zusammenfallen. Gefahr droht uns davon nicht, dafür ist die Entfernung viel zu groß. Und in der unmittelbaren Umgebung unseres Sonnensystems gibt es zum Glück keine Kandidaten für eine derartige Supernova-Explosion.

Der Autor ist Professor für Astrophysik an der Universität Potsdam.

Wolf-Rainer Hamann

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