Bürgerbefragung: Potsdam testet Biotonnen
Potsdams Verwaltung startet eine neue Bürgerbefragung. Diesmal geht es um Müll. Die Bürger sollen entscheiden, unter welchen Umständen sie sich die Einführung einer Biotonne für alle Haushalte vorstellen können.
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Potsdam - Anders als bei der Abstimmung zum neuen Schwimmbad im Mai wird diesmal aber repräsentativ gefragt: Ab heute erhalten 4500 Haushalte per Post entsprechende Fragebögen der Stadt. Das kündigte Umwelt-Fachbereichsleiterin Anke Latacz-Blume am gestrigen Dienstag vor Journalisten an. Zugleich will die Stadt ab dem nächsten Jahr in einem Potsdamer Stadtteil Biotonnen zu Testzwecken aufstellen.
Obwohl vor allem in den alten Bundesländern die Biotonne seit Jahren eingesetzt wird, hat die Stadt Potsdam dieses System bisher abgelehnt – unter anderem die Wohnungswirtschaft hatte kritisiert, dass neuer Extraplatz für die Tonnen benötigt würde. Nun aber schreibt ein neues Bundesgesetz ab 2015 eine noch striktere Trennung verschiedener Abfallsorten wie Biomüll vor. Mit der Umfrage solle nun erreicht werden, ein „möglichst bürgerfreundliches Sammelsystem für Bioabfälle aufzubauen“, so Latacz-Blume. Um das zu erreichen, würden die Bürger zum Beispiel befragt, ob sie eine neue Biotonne nutzen würden, ob sie Gemüsereste oder Gartenabfälle bereits kompostieren oder wie viel weiterer Bioabfall in Form von altem Fleisch, Gebäck oder Fisch anfällt. Der zweiseitige Fragebogen könne bis zum 24. August kostenlos an die Stadtverwaltung zurückgesendet werden. Auch sei es möglich, die Fragen über einen speziellen Zugangscode im Internet zu beantworten. In allen Fällen werde der Datenschutz eingehalten und gewährleistet, dass die Angaben anonym bleiben, sagte Latacz-Blume. Im September würden die Ergebnisse der Umfrage vorliegen.
Ebenso will die Stadt dann eine Analyse vorlegen, wie sich der von den Potsdamern produzierte Abfall bisher zusammensetzt. Seit 2011 werde in jeder Jahreszeit der anfallende Müll untersucht. „Wir schütten den Müll aus und gucken, was drin ist“, so Latacz-Blume. In Potsdam sei der Anteil der Bioabfälle im Restmüll mit bis zu 50 Prozent vergleichsweise hoch. „Dieser hohe Wert bedeutet, dass wir wegen der neuen Gesetzeslage wirklich etwas machen müssen“, so Latacz-Blume.
So soll die Biotonne ab dem kommenden Januar schon einmal getestet werden. In welchem Stadtgebiet dies geschehen soll, ist laut der Fachbereichsleiterin noch unklar. „Das stimmen wir noch mit der Politik ab.“ Es müsse sich um ein Gebiet handeln, in dem gleichermaßen Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Wohnblocks vorkämen. Für die Teilnehmer wäre das Projekt kostenlos, betonte Latacz-Blume.
Sollte tatsächlich die Biotonne eingeführt werden, würde das wohl die Müllgebühren für die Potsdamer insgesamt erhöhen – allein schon wegen des höheren Aufwands bei der Abholung und den Kosten für die neuen Tonnen. Wie hoch die Mehrkosten aber ausfallen, dazu konnte Latacz-Blume gestern nichts sagen. Das komme auf verschiedene Aspekte an, etwa wie oft die Tonnen abgeholt und ob teurere Modelle mit Geruchsfilter aufgestellt werden. Klar sei nur, dass mit der Biotonne ein Mehraufwand entstehe. Sie selbst kenne Biotonnen noch aus ihrer Heimat in Baden-Württemberg. Damals sei es auch vorgekommen, dass sich unter dem Deckel der Tonne Maden gesammelt hätten. Dem könne zum Beispiel damit vorgebeugt werden, dass Küchenabfälle in Zeitungspapier gewickelt würden.
Auch in anderen Kommunen im Land Brandenburg gibt es mit der Biotonne bereits Erfahrungen. So hat die Stadt Frankfurt/ Oder diese Tonnen flächendeckend im Einsatz. Dagegen hat der Landkreis Spree-Neiße die Biotonne 2010 nach rund zehn Jahren wieder abgeschafft. Laut Sprecherin Doris Benter vom Kommunalen Wirtschaftsunternehmen Entsorgung des Landkreises sei dies entschieden worden, weil eine neue Anlage zur Behandlung von Restabfall in Betrieb gegangen sei. Darin werde der Müll getrocknet und zum größten Teil zu einem Ersatzbrennstoff verarbeitet. „Seitdem müssen wir den Biomüll nicht mehr trennen“, so Benter. Zudem habe sich bei Untersuchungen gezeigt, dass viele Leute den Biomüll nicht sorgsam getrennt hätten. In Brandenburg a.d. Havel muss hingegen jeder Haushalt die Biotonne nutzen. Befreien von dieser Pflicht können sich laut Abfallsatzung beispielsweise Eigenheimbesitzer, die auf ihrem Grundstück einen eigenen Komposthaufen nachweisen können. Dazu müssen sie schriftlich versichern, für sperrige Baum- und Strauchabfälle die Kompostplätze in der Stadt zu nutzen – und nicht die Restmülltonne. Mitarbeiter der Stadt können unangemeldet kontrollieren, ob die Bedingungen eingehalten werden, heißt es in der Abfallsatzung.
Für die benachbarten Umlandgemeinden in Potsdam-Mittelmark setzt die Kreisverwaltung dagegen seit dem Jahr 2005 auf das Prinzip der Freiwilligkeit. Das sagte Mona Belz, Sprecherin der Abfallwirtschaft Potsdam-Mittelmark GmbH, den PNN. Da der Kreis vor allem ländlich geprägt sei, stünden in vielen Gärten bereits Komposthaufen. Insofern seien in insgesamt rund 90 000 Haushalten nur etwa 4000 Biotonnen im Einsatz.
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