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Landeshauptstadt: Potsdam tritt Stiftung Garnisonkirche bei

Begleitbeschluss: Zunächst wird nur Turm wiederaufgebaut / Versöhnungsarbeit muss Konzept bleiben

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Innenstadt - Knapp fünf Monate, bevor Ende September ein neues Stadtparlament gewählt wird, haben Potsdams Stadtverordnete gestern eine zweite Grundsatzentscheidung zur Stadtentwicklung getroffen: Mit einem eindeutigen Votum für den Beitritt der Stadt Potsdam zur „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ hat das Stadtparlament dem bisher umstrittenen Wiederaufbau zunächst des Turms der bedeutenden Barockkirche endgültig zugestimmt. Dies sei die zweite große Entscheidung für die Stadt nach dem Beschluss für den Landtagsneubau auf dem Grundriss des ehemaligen Stadtschlosses, sagte SPD-Fraktionschef Mike Schubert.

Das Votum für den Wiederaufbau des Garnisonkirchturms als Gotteshaus und Zentrum für Friedens- und Versöhnungsarbeit der Evangelischen Kirche fiel gegen sechs Stadtverordnete der Fraktion Die Linke – obwohl Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg zuvor einen sogenannten Begleitbeschluss eingebracht hatte, mit dem die Linke Bedingungen für den Wiederaufbau stellt. Werden diese erfüllt, so Scharfenberg, werde die Linke „das Vorhaben kritisch begleiten“. Als Grund dafür, dass die Linke nicht mehr gegen den Wiederaufbau sei, nannte Scharfenberg die Entscheidung der Evangelischen Kirche für die Garnisonkirche. Dies trifft aber eindeutig nur für den Teil der 18-köpfigen Fraktion zu, der nicht gegen den Stiftungsbeitritt votierte, sondern sich enthielt. Zuvor war der Begleitbeschluss der Linken allerdings mit großer Mehrheit angenommen worden. Gegen den Stiftungsbeitritt stimmten außerdem die zweiköpfige Fraktion Die Andere und Monika Keilholz (Bürgerbündnis).

Nach dem Beschluss wird Potsdam nun gemeinsam mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, dem Kirchenkreis Potsdam und dem Evangelisch-Kirchlichen Hilfsverein Gründer der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ sein. Die Stiftung gilt als „unabdingbare Voraussetzung“ für den Wiederaufbau der Kirche, der bereits 2004 nach dem sogenannten „Ruf aus Potsdam“ starten sollte, jedoch auch an mangelnder Spendenbereitschaft gekrankt hatte. Mit der Stiftung, die am 23. Juni, 40 Jahre nach der Sprengung der Reste der Kirche, gegründet werden soll, könnten die „rechtlichen Rahmenbedingungen“ für Eigentümerschaft und Betreibung der Kirche geschaffen werden, so die Verwaltung. Es handele sich um eine Stiftung nach Kirchenrecht, die nur der Aufsicht durch die kirchliche Stiftungsbehörde unterliegt. Sozusagen als Stiftungskapital bringt Potsdam das 900 Quadratmeter große Grundstück des ehemaligen Rechenzentrums an der Breiten Straße ein, das zuvor der Arag gehörte und auf dem die Kirche einst stand. Zudem werde der nötig öffentliche Straßenraum zur Verfügung gestellt, sagte gestern Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD).

Jakobs betonte, mit dem Stadtverordnetenbeschluss findet eine „lange und intensive, wichtige und notwendige Diskussion“ im Stadtparlament und in der Stadt einen „ersten Abschluss“. Dem Vorschlag der Fraktion Die Andere, eine Bürgerbefragung zum Wiederaufbau durchzuführen, erteilte Jakobs eine Absage. Zuvor hatten die Stadtverordneten dies ebenfalls mehrheitlich abgelehnt. Das Stadtparlament habe eine ausführliche Diskussion geführt, so Jakobs: „Entweder wir sind dafür, oder wir sind dagegen.“ Daher seien auch die Bedingungen der Linken für den Wiederaufbau „ein gewisser Bruch“. Die Linke hat mit dem Begleitbeschluss durchgesetzt, dass zunächst nur der Kirchturm aufgebaut wird. Über das Kirchenschiff soll separat entschieden werden, dies sei „künftigen Generationen“ vorbehalten. Der Wiederaufbau muss zudem mit einem Konzept zur Friedens- und Versöhnungsarbeit in Gemeinschaft der weltweiten Nagelkreuzbewegung verbunden sein. Außerdem soll nicht allein der Opfer des Widerstands des 20. Juli 1944 gedacht werden, sondern dem „von Potsdam ausgehenden Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur in seiner ganzen Breite“. Für diese „Präzisierungen“ sei er der Linken dankbar, so Jakobs – sie könnten eine Brücke für jene bauen, die befürchten, dass es „doch nicht so eindeutige Versöhnungsarbeit“ geben werde. Die beschlossenen Bedingungen soll die Stadt über ihren Sitz im Kuratorium der Stiftung durchsetzen.

Zweck des Wiederaufbaus sei vor allem die Friedens- und Versöhnungsarbeit, hatte vor der Abstimmung Hans-Ulrich Schulz, Generalsuperintendent der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, betont. Gottesdienste würde die „zentrale Nutzung“ sei, es werde aber „viel Platz für Dialog und Diskurs“ geben.

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