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Potsdam vor der Entscheidung: Oberbürgermeister Schubert könnte am Sonntag abgewählt werden
Mehr als 143.000 Potsdamerinnen und Potsdamer können an die Wahlurnen gehen. Für die Abwahl braucht es viel Beteiligung. Das Wichtigste zum Bürgerentscheid.
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Potsdam steht vor einer wegweisenden Entscheidung: Am Sonntag sind 143.000 Bürgerinnen und Bürger ab einem Alter von 16 Jahren aufgerufen, über die Abwahl des umstrittenen Oberbürgermeisters Mike Schubert (SPD) zu befinden. Die Abstimmung wird mit großer Spannung erwartet.
Sollte der 52-Jährige verlieren, wäre seine Amtszeit – rund ein anderthalbes Jahr vor der nächsten regulären Oberbürgermeisterwahl – direkt beendet. Dann würde zunächst sein Stellvertreter, der Finanzbeigeordnete Burkhard Exner (SPD), übernehmen müssen. Eine vorgezogene Neuwahl würde dann voraussichtlich im September oder Oktober stattfinden. Über mögliche Kandidaten wird bisher nur spekuliert.
Auf diese fehlende Perspektive haben Schubert und die SPD ihren Anti-Abwahlkampf ausgerichtet, sie versprechen „Stabilität für Potsdam“. Allerdings ist die schon jetzt nicht mehr gegeben: Der 250.000 Euro teure Entscheid folgt auf ein Abwahlbegehren, für das alle Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung – außer der SPD – am 2. April mit 44 Ja-Voten gegen 9 Nein-Stimmen gestimmt haben.
Die Kritik an Schuberts Amtsführung ist vielfältig
Schubert steht schon länger im Kreuzfeuer der Kritik. Es geht um Vorwürfen einer ineffektiven Stadtverwaltung und ihrer Bürgerdienstleistungen, der fehlenden oder nur schleppenden Umsetzung politischer Beschlüsse und einem Zick-Zack-Kurs bei wichtigen Zukunftsprojekten wie dem Ersatz für das Heizkraftwerk.
Ferner sorgte die sogenannte VIP-Ticket-Affäre für Unmut. Schubert hatte dutzende kostenlose VIP-Tickets, vor allem für Sportevents, für sich und seine Ehefrau angenommen, diese teils auch bestellt. Ein daraufhin eingeleitetes Ermittlungsverfahren der für Korruptionsdelikte zuständigen Staatsanwaltschaft Neuruppin wurde gegen Zahlung von 34.000 Euro eingestellt. Ein weiterer Kritikpunkt ist die Personalführung von Schubert, wegen der etliche Führungskräfte die Stadtverwaltung verlassen hätten.

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Schubert hatte viele der Kritikpunkte im Wahlkampf bestritten oder versucht zu relativieren, sah sich auch als Opfer eine Medienkampagne. Die Möglichkeit eines Rücktritts hatte er verstreichen lassen und betont, dass er als direkt gewählter Oberbürgermeister sich dem Votum der Bürgerinnen und Bürger stellen wolle. Alle Versuche, wieder ein normales Arbeitsverhältnis mit den Stadtverordneten herzustellen, liefen aber ins Leere. Auffällig im Wahlkampf war, dass sich bis auf SPD-Vertreter kaum bekannte Potsdamer mit ihm solidarisierten.
Entsprechend persönlich verlief der Wahlkampf. Schuberts Gegner warfen ihm mehrfach vor, sich mit fremden Federn zu schmücken. Nur ein Beispiel: Schubert schrieb sich zu, dass es keine pauschalen Kürzungen bei sozialen, kulturellen oder sportlichen Einrichtungen gegeben habe. Das bezog sich auf die Haushaltsverhandlungen, die die Stadt zwischen November 2024 und April in Atem gehalten haben.

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Dabei hatte Schubert zunächst eine 180-Punkte-Sparliste mit teils deutlichen Kürzungsvorschlägen in den Bereichen Kultur, Jugend, Soziales und Sport veröffentlicht, was für viel Verunsicherung sorgte. Gespart werden sollte unter anderem auch beim 1000-Bäume-Programm oder bei der Fahrradstaffel für das Ordnungsamt, die im Wahlkampf nun auch als Erfolge von Schubert postuliert worden sind.
Später legte der Rathauschef mit einem ersten Haushaltsentwurf nach, der weiter zum Beispiel die Schließung der Biosphäre vorsah. Erst ein Bündnis aus Grünen, SPD, Linken und Die Andere konnte Schubert abtrotzen, dass dieser den Rotstift stärker in seiner Stadtverwaltung ansetzt. Dadurch wurden viele Kürzungen verhindert, auch im öffentlichen Nahverkehr.
Der Bürgerentscheid findet am Sonntag von acht bis 18 Uhr statt. Schon im Vorfeld hatten mehr als 20.000 Potsdamer die Briefwahl beantragt. Für eine erfolgreiche Abwahl müssen aber mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten, also voraussichtlich deutlich mehr als 35.000 Personen, an die Wahlurnen gehen und für die Abwahl stimmen.
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