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Flugzeuge über Potsdam: Ganz so tief wie in dieser Foto-Montage werden Jets auf dem Weg zum BBI nicht über die Landeshauptstadt fliegen. Doch während des Landeanflugs sollen sie in 1000 Metern Höhe die Stadt überqueren.

© Klaer/dpa; Montage: Andreas Klaer

Von Henri Kramer: Potsdam wird Anflugzone

Anflüge auf den neuen BBI sollen in 1000 Meter Höhe über Potsdam erfolgen / Demonstration angekündigt

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Potsdam wird Anflugzone für den neuen Hauptstadtflughafen BBI. Damit könnte der befürchtete Fluglärm für die Landeshauptstadt lauter ausfallen als bisher bekannt. Zudem werden die Jets künftig deutlich tiefer fliegen als bei bisherigen Landungen auf die Flughäfen Tegel und Schönefeld. Wie Axel Raab, Sprecher der für die Routenplanung zuständigen Deutschen Flugsicherung (DFS), gestern auf Anfrage sagte, betrage die Flughöhe bei Flügen zum BBI über Potsdam künftig 1000 bis 1500 Meter – heute wird Potsdam den Angaben zufolge in Höhen zwischen 1700 und 2000 Metern überflogen.

Das Stadtgebiet gehöre wie Werder (Havel) und Stahnsdorf nach „augenblicklichen Planungen“ zur Anflugzone für den neuen Hauptstadtflughafen. Demnach könnten laut Raab, wenn der BBI im Jahr 2012 in Betrieb genommen wird, Jets im Anflug auf die Landebahnen in Höhe von mehr als 1000 Meter über Potsdam fliegen. Bisher war öffentlich vor allem darüber diskutiert worden, dass Potsdams Norden von startenden Flugzeugen in 2500 bis 3000 Meter Höhe überquert wird. Zum Lärm, der nun beim Landen auf die Potsdamer zukomme, sagte Raab: Beim Landeanflug sei die Motorenleistung und damit auch die Maschinenlautstärke gedrosselt. Allerdings sei, da sich die Maschinen im Kurvenflug befänden, mit pfeifenden Windgeräuschen zu rechnen.

Viel Spielraum, Potsdam aus der Anflugschneise zu nehmen, sieht Raab nicht: „Bei der Landung kann man wenig anders machen.“ Der Grund: Die Flugzeuge müssen 18 Kilometer vor der Landebahn im sogenannten Leitstrahl fliegen, einem bei Anflügen festgelegten Flugkorridor. Dies erfolge entweder über die Linie Werder, Potsdam und Stahnsdorf oder aus südlicher Richtung. Zugleich verwies Raab darauf, dass Potsdam nicht an allen Tagen von Maschinen in Richtung BBI überflogen werde. Denn bei Westwind müssten die Maschinen von Osten aus landen. Diese Wetterlage herrsche durchschnittlich an zwei von drei Tagen des Jahres. „Potsdam wäre also bei den Anflügen nur an einem Drittel aller Tage betroffen“. An den anderen Tagen würden die Jets in Richtung Westen, also auch über Potsdam, starten. Mehr Details gebe es noch nicht, da der Verkehr auch „je nach Belastung“ geführt werden könne. Zuletzt hieß es von der DFS auch, generell bekomme Potsdam durch den BBI wohl so viel Fluglärm, wie jetzt schon vorhanden. Raab verwies gestern denn auch darauf, dass Potsdam schon heute von Flugzeugen überquert werde, „allesamt höher als 900 Meter“. Das betreffe etwa Abflüge von Schönefeld und Tegel beziehungsweise Landeanflüge in 1700 bis 2000 Meter Höhe über dem Stadtgebiet.

Seit fünf Wochen wird über die von der DFS veröffentlichten Flugrouten für den BBI diskutiert. Weil dort laut den Planern bei Parallelstarts besondere Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen, sollen nun – entgegen früherer Pläne – mehr Berliner Stadtbezirke und Umlandgemeinden überflogen werden als erwartet.

Raab verwies gestern auf die nächste Sitzung der Fluglärmkommission am 8. November, in der dann erstmals auch Potsdam mit seiner Ordnungsbeigeordneten Elona Müller vertreten sein wird. Bereits am Dienstag hatte sie erklärt: „Ziel ist es, Flugrouten zu erhalten, die möglichst geringe Beeinträchtigungen für die Potsdamer nach sich ziehen ohne dabei verstärkt Nachbargemeinden zu belasten.“ Forderungen nach einem Baustopp, wie ihn Bürgerinitiativen im Umland schon fordern, will sich die Stadt aber nicht anschließen. „Das ist Quatsch“, sagte Rathaussprecher Stefan Schulz. Man wolle – nach der „Überraschung“ der angekündigten Routen – nun in der Fluglärmkommission die Interessen von Potsdam vertreten. Für Ende November sei zudem eine Bürgerversammlung zu offenen Fragen geplant.

Unterdessen formieren sich die Potsdamer Gegner der geplanten Flugrouten. Der in dieser Woche in Sacrow neu gegründet Verein Weltkulturerbe Potsdam e.V. will – wie bereits in vielen Umlandgemeinden – Demonstrationen gegen den befürchteten Fluglärm organisieren. Das sagte Vereinsgrüner Karl Kases, ein in Sacrow lebender Regisseur, den PNN gestern auf Anfrage: „Als Ort können wir uns die Glienicker Brücke vorstellen“, sagte Kases. Ein genauer Termin sei aber noch unklar. Mit anderen Bürgerinitiativen, etwa am Bornstedter Feld, in Groß Glienicke oder in der Berliner Vorstadt, sei man bereits vernetzt. Kases, der etwa Rosamunde Pilcher-Verfilmungen und eine US-Actionserie mit Chuck Norris gedreht hat, lebt seit 2001 in Potsdam. „ Wir sind nicht gegen den Flughafen, aber der Flugverkehr muss so weit wie möglich über dünn besiedeltes Gebiet geführt werden.“

Auch die Stadtpolitik mischt sich ein: So fordert die CDU-Fraktion in einem Antrag für die kommenden Stadtverordnetenversammlung, dass ein Lärmschutzgutachten unter Berücksichtigung der „bekannten An- und Abflugrouten“ erstellt wird.

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