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Landeshauptstadt: Potsdamer als Bonustrack Fabian Mieles dreht

Film über Schulprojekt

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„Und bitte!“ Das ist ihr Stichwort. Lehrerin Marion Seitz kommt mit Anne Zander und Julia Mayer um die Ecke des Humboldt-Gymnasiums gebogen. Sie gehen an der Kamera vorbei, darauf bedacht, ganz normal zu wirken. Bloß nicht in die Linse schauen. Wenn sie auf dem Schulhof zu den anderen Schülern stoßen, ist die Szene im Kasten. Die Schülergruppe um Frau Seitz soll Bestandteil einer vierminütigen Dokumentation werden – doch noch aufgeregter als die Hauptdarsteller ist der Mensch hinter der Kamera: Fabian Mieles. Für den angehenden Mediengestalter für Bild und Ton ist es sein Prüfungsfilm.

Drei Jahre Ausbildung im Studio Babelsberg hat der 19-Jährige hinter sich. Als Mediengestalter hat er nicht nur die Kameraführung gelernt, auch Licht- und Tontechnik gehörten zur Ausbildung. Bei seinem Abschlussprojekt führt er außerdem die Regie und schneidet das Material hinterher selbst zusammen. Das Thema seiner Arbeit durfte er selbst wählen. Weil sein Ausbilder Uwe Fleischer für die Firma Icestorm arbeitet, die DEFA-Filme und russische Filmklassiker vermarktet, kam er auf das Thema Zweiter Weltkrieg in Russland – und fand im Internet prompt ein passendes Schülerprojekt.

Die Gruppe vom Humboldt-Gymnasium ist im Jahr 2005 nach Sankt Petersburg gefahren. Zum 60. Jahrestag des Kriegsendes wollten sie sich mit der „Leningrader Blockade“ beschäftigen, bei der deutsche Truppen zwischen 1941 und 1944 das heutige Sankt Petersburg belagerten – über eine Million Menschen verhungerten. „Es war gar nicht schwer, die Schüler für dieses Thema zu begeistern“, berichtet Marion Seitz. Die Lehrerin unterrichtete die damals neunte Klasse in Russisch, Geschichte und Politischer Bildung – fachübergreifender Unterricht bot sich also an.

„Wir haben russische Zeitzeugen interviewt“, berichtet Mischa Grabsch. Außerdem haben die 26 Potsdamer Schüler mit ihren Austauschpartnern von der Petersburger Schule 210 an vielen Gedenkveranstaltungen teilgenommen: Die Gruppe war im Mai pünktlich zum 60. Jahrestag des Kriegendes da – der in Russland aufgrund der Zeitverschiebung erst einen Tag später, am 9. Mai, gefeiert wird.

Möglich gemacht hat diesen Austausch die Stiftung „Erinnerung und Zukunft“, die 20 000 Euro für das Projekt zur Verfügung stellte. Auch beim Gegenbesuch im September 2005 ging es vor allem darum, einander besser kennen zu lernen. „Die russischen Schüler sollten auch was über uns lernen“, berichtet Adrian Henning. „Sie sollten sehen: Hier ist nicht alles voll mit Nazis“. Gemeinsam besuchten sie das sowjetische Ehrenmal im Berliner Treptower Park.

Die Ergebnisse ihrer Reise hielten sie mit der Kamera fest – nicht ganz so professionell wie Fabian das nun tut, aber es ist dennoch eine DVD mit Interviews und den besuchten Veranstaltungen entstanden. Außerdem habe sie aus den Ergebnissen der Schüler eine CD mit Lernmaterialien zum Thema Leningrader Blockade zusammengestellt, berichtet Seitz.

Ans Fertigstellen kann Fabian momentan noch nicht denken: Die nächste Szene ist dran, und die muss abgedreht sein, bevor das nahende Gewitter loslegt. Mit der schweren Ausrüstung über der Schulter läuft er den Schülern hinterher. „Dabei ist die Kamera noch nicht einmal das Schwerste“, sagt er. „Ich bin einfach total nervös.“ Glaubt man Ausbilder Fleischer, hat Fabian dazu aber keinen Grund: „Der kann das, ich bin da guter Dinge“, sagt er. Und will Fabians Werk auch gleich als Bonusmaterial für die nächste DVD haben: den russischen Filmklassiker „Die Blockade“.

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