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Lebenswerk. Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber.

© Ralf Hirschberger/dpa

Vor der Weltklimakonferenz in Paris: Potsdamer Klimaforscher Schellnhuber hält Erfolg für möglich

Der renommierte Klimaforscher und Regierungsberater Hans-Joachim Schellnhuber hält einen Erfolg der bevorstehenden Weltklimakonferenz in Paris im Dezember für möglich. Eine Untersuchung zeigt, dass bei Einhaltung der geäußerten Klimaschutzabsichten mit einer durchschnittlichen Erwärmung von 2,7 Grad in diesem Jahrhundert zu rechnen sei.

Potsdam/Paris - Überraschend zuversichtlich zeigt sich der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Hans-Joachim Schellnhuber, bezüglich der UN-Klimakonferenz im Dezember in Paris. Knapp vier Wochen vor Beginn der entscheidenden Weltklimakonferenz sagte Schellnhuber am Dienstag vor Journalisten in Berlin, dass das Jahr 2015 eine Zäsur im Klimaschutz markieren dürfte. „In diesem Jahr wird das alte System kippen“, so der Physiker. Die Ankündigungen der Nationalstaaten ließen zudem erwarten, dass die Erderwärmung sich auf 2,7 Grad oder weniger begrenzen lasse. Bislang lag dieser Wert viel höher.

Schellnhubers persönliches Fazit in "Selbstverbrennung"

Schellnhuber macht in diesen Tagen auch mit einer populärwissenschaftlichen Publikation von sich reden. Unter dem vielsagenden Titel „Selbstverbrennung“ zieht der weltweit renommierte Klimaforscher auf über 760 Seiten ein sehr persönliches Fazit. Das von zahlreichen wissenschaftlichen Grafiken und Hintergründen durchzogene Werk kommt trotz seines wissenschaftlichen Anspruchs eher prosaisch daher. Wortgewaltig und reich an Analogien wie man Schellnhuber kennt. Was der Körper von Marilyn Monroe, der „David“ von Michelangelo und der Dresdner Grüne Diamant gemeinsam haben, fragt der Autor in dem Kapitel „Gottes Element“. „Nun, diese drei außergewöhnlichen Realisationen irdischer Schönheit haben als Basis allesamt das Element mit dem chemischen Element C“, schreibt Schellnhuber. Der Kohlenstoff, der eben noch viel mehr kann als in Gasform die Erde aufzuheizen.

Andererseits ist das Element das Menetekel, um das Schellnhubers Schrift kreist, das CO2, das durch ungebremstes Verbrennen fossiler Energieträger durch die moderne Überflussgesellschaft langfristig zum „Wärmetod“ unserer Gesellschaft führen könnte. Die Fallhöhe ist bei Schellnhuber hoch, das Buch handele von der größten Geschichte aller Zeiten, schreibt er am Anfang der sehr persönlichen Schrift, die mit dem Tod seiner Mutter beginnt und mit der Geburt seines Sohns endet.

Klimaproblem stellt Gesellschaft auf die Probe

Schließlich spricht Schellnhuber auch von der notwendigen „Großen Transformation“, mit der die Menschheit sich selbst und ihren Nachkommen ein gutes Leben ermöglichen soll. Das Klimaproblem stelle unsere Zivilisation auf die Probe, ob sie zum Glück fähig ist. Schellnhuber bedient sich einem Gleichnis: Die Stare aus der italienischen Toskana würden geduldig warten, bis die Kirschen reif sind. Und wenn es dann so weit ist, würden sie gemeinschaftlich handeln, damit jeder auf seine Kosten kommt.

Als Gründer des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), das er bis heute leitet, hat der 65-jährige Physiker Hunderte wissenschaftlicher Arbeiten veröffentlicht, auf ihn geht die Ideen der Zwei-Grad-Grenze globaler Erwärmung zurück, die den Bereich der beherrschbaren Klimaänderungen markieren soll. Sein mit erzählerischer Kraft geschriebenes Buch nun geht über die wissenschaftlichen Veröffentlichungen hinaus, es ist Lebensbericht, Forschungsbilanz wie auch Ökomanifest.

Provokanter Titel

Der Titel „Selbstverbrennung“ sei eine doppelte Provokation. „Tatsächlich ist die Menschheit auf dem Weg in die ungewollte Selbstverbrennung, wenn sie nicht sehr bald abbiegt auf den Pfad der Nachhaltigkeit“, so der Forscher. Zugleich spiele der Titel aber auch darauf an, dass der Wissenschaftler Schellnhuber sich nun als Buchautor wie zuvor schon als öffentlicher Redner und als Berater von Bundesregierung oder Weltbank ins Feuer der öffentlichen Auseinandersetzung begibt. „Natürlich wäre mein Leben leichter, wenn ich einfach nur Studie auf Studie häufen würde“, so Schellnhuber. Aber als Wissenschaftler sehe er sich in der Verantwortung, nicht bloß mit anderen Forschern die Erkenntnisse zu teilen, sondern mit all denen, die vom Klimawandel betroffen sein werden. „Und in deren Macht es steht, ihn zu stoppen.“ 

Hans Joachim Schellnhuber: Selbstverbrennung. Die fatale Dreiecksbeziehung zwischen Klima, Mensch und Kohlenstoff. C. Bertelsmann 2015, 784 Seiten, ISBN: 978-3-570-10262-6

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