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Von Michael Meyer: Potsdamer Premiere sollen die Paralympics folgen

Schwimmer André Lehmann vom SC wechselt als erster Lernbehinderter Deutschlands auf eine Sportschule

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André Lehmann ist der Öffentlichkeit weit weniger bekannt als andere Sportler des SC Potsdam. Doch auch der lernbehinderte Schwimmer startete bereits bei Behinderten-Weltmeisterschaften und will sich jetzt das Ticket zu den diesjährigen Schwimm-Europameisterschaften der Behinderten Anfang Juli in Berlin erkämpfen. „Mein großes Ziel aber ist London“, erzählte der 15-Jährige am vergangenen Freitagabend während des traditionellen Sportlerballs des SC Potsdam im Mercure-Hotel. In London werden 2012 den Olympischen Spielen traditionell die Paralympics der Behindertensportler folgen, und dann will Lehmann ebenfalls dabei sein.

„Das ist ein realistisches Ziel“, glaubt Dörte Paschke, die den Schüler kürzlich von Birgit Marquardt übernahm. Paschke kam zu Jahresbeginn aus Greifswald nach Potsdam, trainiert hier nun die stärksten behinderten Schwimmer des SC und ist außerdem Co-Trainerin der Behinderten-Nationalmannschaft sowie Nachwuchs-Beauftragte für Deutschlands behinderte Schwimmer. „Meinen Wechsel nach Potsdam habe ich nicht eine Sekunde bereut“, sagt Paschke. „Das ist der Wahnsinn hier. Ich kenne alle Bundesländer, und Potsdam hat ein sehr professionelles Umfeld, das auch unseren Schwimmern zugute kommt.“

André Lehmann beispielsweise, der bei den WM 2010 in Eindhoven über 100 Meter Brust, 100 Meter Rücken und 200 Meter Freistil jeweils mit Deutschem Altersklassenrekord im Mittelfeld der Erwachsenen landete, absolviert in der Woche sechs Trainingseinheiten und besucht ansonsten die 8. Klasse der Werderaner Förderschule am Plessower See. Noch, denn Lehmann wird deutschlandweit der erste Lernbehinderte sein, der an eine Sportschule gehen darf. Im Sommer wird er in die neu geschaffene Klasse für behinderte Schwimmer an der Potsdamer Eliteschule des Sports kommen; gemeinsam mit den drei Körperbehinderten Sarah Triebler, Julia Bosecker und Julian Erxleben vom SC Potsdam. „Damit werden die Anforderungen an den Jungen, der Extra-Unterricht bekommen wird, tüchtig steigen“, weiß Dörte Paschke. „Er kann aber auch noch besser gefördert werden. Ich bin sehr gespannt, wie dieses Pilotprojekt funktioniert.“ Seine Eltern Beatrice und Marko wollen ihm auch dann viel helfen, ebenso wie seine Trainerin und der gesamte Verein.

Am Freitagabend feierten alle zusammen erst einmal auf dem traditionellen Ball des SC, stießen auf ein erfolgreiches Jahr 2010 an und lenkten den Blick auf die bevorstehenden Aufgaben. André Lehmann wurde dabei von den Ballgästen mit ebenso viel Beifall bedacht wie Bob-Olympiasieger Kevin Kuske, die EM-Vierte im Gehen Melanie Seeger und der frischgebackene Hallen-Vizeeuropameister über 400 Meter Thomas Schneider. „Der Sport mit Behinderten in dieser Stadt ist eine großartige Sache“, lobte Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs als Gast. 450 Behinderte sind derzeit beim SC in verschiedenen Sportarten und -disziplinen aktiv, die Schwimm-Abteilung sichtet bereits landesweit neuen Nachwuchs in den Schadensbereichen Körperbehinderte, Sehbehinderte und Geistig-/Lernbehinderte. André Lehmann beweist währenddessen, dass man auch mit einem Handicap international erfolgreich sein kann.

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