zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Potsdams drei Wirtschaftszonen

Stadt legt Papier zur Tourismusabgabe vor: Firmen sollen je nach Lage und Branche unterschiedlich zahlen

Von Peer Straube

Stand:

Ärzte, Rechtsanwälte, Friseure, Hoteliers, Restaurantbetreiber, Fleischer, Apotheker – praktisch kein Gewerbetreibender der Stadt bleibt von der Tourismusabgabe verschont. Je nach Branche und Lage sollen sie ab 2014 jährlich insgesamt zwei Millionen Euro in Potsdams Stadtkasse zahlen – die Hälfte davon reicht das Rathaus an die Schlösserstiftung weiter, die damit das Defizit in der Parkpflege ausgleichen will. Denn hat die Stadt bis zum 30. Juni keine rechtskräftige Satzung zur Erhebung einer Tourismusabgabe, wird 2014 automatisch ein Pflichteintritt für den Park Sanssouci fällig – so hatte es der Stiftungsrat im vergangenen Jahr beschlossen.

Am Donnerstag nun hat die Stadtverwaltung das bereits jetzt heiß umstrittene Papier vorgelegt, auf dessen Grundlage sich jeder Unternehmer ausrechnen kann, was er künftig zusätzlich erwirtschaften muss. Im Mai soll es den Stadtverordneten vorgelegt, im Juni soll es beschlossen werden. Das Regelwerk sei kompliziert, gab Rechtsanwalt Richard Elmenhorst zu, der es maßgeblich erarbeitet hat.

Die Stadt wird dabei in drei Zonen eingeteilt (siehe Grafik), geordnet nach touristischer Relevanz. Der Gedanke: Wer rund um die Brandenburger Straße sein Gewerbe ausübt, hat mehr Einnahmen durch den Tourismus als jemand, der es beispielsweise am Schlaatz tut.

Dem Laien erschließt sich die Systematik dabei durchaus nicht auf den ersten Blick. Das Krongut Bornstedt etwa, dessen Angebot vor allem auf Touristen und Ausflügler zielt, wurde nicht in die Kategorie eins mit der stärksten Touristenfrequenz eingeordnet, sondern nur in Zone zwei – dort findet sich auch der gesamte Bereich der künftigen historischen Mitte rund um das Stadtschloss und die Alte Fahrt, wo sich zahlreiche Gastronomieeinrichtungen ansiedeln wollen.

Wie viel die Unternehmen letztlich zahlen, richtet sich außerdem nach der Art der Branche. Eingeteilt wurden die touristisch relevanten Firmen laut Potsdams Chefwirtschaftsförderer Stefan Frerichs mithilfe des Buchs „Klassifizierung der Wirtschaftszweige“, das das Statistische Bundesamt herausgegeben hat. Nach Vorgaben des Bundesfinanzministeriums wurden dann die jeweiligen Gewinnsätze zugeordnet. Laut gängiger Rechtsprechung sei es für die Erhebung einer Tourismusabgabe völlig unerheblich, ob ein Unternehmen tatsächlich Gewinn erzielt.

Den Hebesatz für die Abgabe hat die Stadt auf 4,8 Prozent festgelegt – laut Elmenhorst ein außerordentlich niedriger Wert. Multipliziert mit den je nach Branche und Lage festgelegten unterschiedlichen Sätzen und dem Jahresumsatz des Unternehmens ergibt sich am Ende der jährliche Beitrag (Beispiele siehe Kasten). Für viele Unternehmen werde die Belastung sehr gering ausfallen, sagte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Jahresbeiträge, die niedriger als zehn Euro liegen, werden nicht erhoben.

Je größer allerdings der Jahresumsatz, desto mehr muss auch gezahlt werden. Als konkretes Beispiel nannte Frerichs den Babelsberger Filmpark. Dieser werde eine „niedrige fünfstellige Summe“ aufbringen müssen.

Angesichts der massiven Kritik der Wirtschafts- und Handelsverbände rechnet Jakobs mit einer Reihe von Klagen. Er sei allerdings zuversichtlich, dass die Satzung die Überprüfung bestehe, so Jakobs. Elmenhorst sei einer der Top-Experten auf dem Gebiet des Tourismusabgabenrechts, betonte er.

Bei den Unternehmensverbänden stieß der Satzungsentwurf am Donnerstag auf scharfe Kritik. Das Papier gehe „eindeutig in die falsche Richtung“, sagte Ralph Bührig, Hauptgeschäftsführer der Potsdamer Handwerkskammer. Die 1 800 hiesigen Handwerksbetriebe würden in keinem nennenswerten Maße vom Tourismus profitieren, es sei daher ungerecht, sie an der Abgabe zu beteiligen. Industrie- und Handelskammer und der Handelsverband Berlin-Brandenburg kündigten eine eingehende Prüfung an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })