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WENDLANDS Sicht: Potsdams Einzigartigkeit

Schönheit, Vielfalt, Toleranz und Optimismus waren die Schlagwörter, die Matthias Platzeck als früherer Oberbürgermeister und gebürtiger Potsdamer über diese Stadt gestellt hat. Diese Schlagwörter stimmen nach wie vor und man wundert sich, dass es so wenig im Bewusstsein der Verantwortlichen heute zu sein scheint.

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Schönheit, Vielfalt, Toleranz und Optimismus waren die Schlagwörter, die Matthias Platzeck als früherer Oberbürgermeister und gebürtiger Potsdamer über diese Stadt gestellt hat. Diese Schlagwörter stimmen nach wie vor und man wundert sich, dass es so wenig im Bewusstsein der Verantwortlichen heute zu sein scheint.

Da fragt der Baubeigeordnete Matthias Klipp tatsächlich, wer denn festlege, was in Potsdam verträglich und schön sei. Eine Frage, die mich wundert, denn Potsdam verfügt über das größte zusammenhängende Weltkulturerbe in Deutschland, das damals von beiden deutschen Staaten beantragt wurde. Und dieser Titel ist nicht zufällig und willkürlich, sondern hier liegen der Gestaltungswille und die Gestaltungsfähigkeiten von mehreren Generationen von Baumeistern und Architekten im Zusammenspiel mit den Bauherren zugrunde, die als einzigartig anerkannt und zeitlos sind.

Das ist der Maßstab, mit dem wir weiterbauen und weitergestalten. Das bedeutet nicht, dass hier nur historisch gebaut werden darf, sondern es legt den Qualitätsmaßstab fest.

Wolfgang Joop definierte es so, dass die Welt ja bauen könne wie sie wolle, aber in Potsdam seien wir einzig und allein der Schönheit verpflichtet. Ich höre dabei natürlich sofort wieder, dass man Schönheit auch bezahlen können müsse. Doch genau hier liegt das Problem: Schönheit ist keine Frage des Geldes, sondern von Gestaltung, Proportionen und Harmonie.

Schinkel nannte als Aufgabe des Architekten: „Der Architekt ist seinem Begriff nach der Veredler aller menschlichen Verhältnisse, er muss in seinem Wirkungskreis die gesamte schöne Kunst umfassen. Plastik, Malerei und die Kunst der Raumverhältnisse nach Bedingungen des sittlichen und vernunftgemäßen Lebens des Menschen schmelzen bei ihm in einer Kunst zusammen.“

Demnach gehört zur Stadtgestaltung neben der Schönheit auch das soziale Miteinander. Die Reduzierung auf Geld und Interessen Einzelner kann und darf nicht der Maßstab für Stadtgestaltung sein. Längst haben Investoren den Marktwert in Potsdam erkannt und werben mit dem Weltkulturerbe und der einzigartigen Schönheit der Stadt. Doch vieles, was an Plänen dann der Öffentlichkeit präsentiert wird, hat nichts mit der Qualität Potsdams zu tun. Im Gegenteil, sie zerstört gerade das, was Potsdam ausmacht.

Gebaute Geldkassetten, Profitschuppen und Renditearchitektur stehen im gestalterischen und funktionalen Widerspruch zu Potsdams Stadtkomposition als einzigartiges Gesamtkunstwerk. Dagegen laufen die Bürger Sturm. Und ich wünsche mir, dass sie dabei nicht gegen die Verwaltung und Teile der Stadtpolitik laufen müssen, sondern, dass hier alle die, denen Potsdam wirklich am Herzen liegt, gemeinsam das Beste für die Stadt suchen. Dazu sind wir hier in Potsdam verpflichtet, um Wolfgang Joops Satz noch zu ergänzen. Die Maxime dabei sollte sein: Schönheit, Vielfalt, Toleranz und Optimismus!

Unser Autor lebt seit 1945 in Potsdam. Er studierte in Berlin und Dresden und ist seit 1968 als Architekt in Potsdam tätig.

Christian Wendland

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