
© Manfred Thomas
Konsens kostet: Potsdams Haushalt ist ohne Gegenstimmen beschlossen
Mehr Geld für Kitas, Kultur und Sport: Ohne Gegenstimmen haben die Stadtverordneten den Haushalt abgesegnet, weil viele Wünsche der Stadtpolitik erfüllt wurden.
Stand:
Potsdam - In seltener Einmütigkeit und ohne Gegenstimmen haben Potsdams Kommunalpolitiker den diesjährigen Haushalt für die Stadtverwaltung beschlossen. Mehr noch: Bei der Sitzung der Stadtverordneten am Mittwochnachmittag fand selbst die bisherige Opposition lobende Worte.
Das liegt vor allem daran, dass zahlreiche Forderungen der Fraktionen tatsächlich auch berücksichtigt wurden. So erhalten die 120 unterbesetzten Potsdamer Kitas in diesem Jahr 500 000 Euro und 2018 noch einmal 1,5 Millionen Euro aus dem Stadtsäckel für zusätzliches Personal. Da das nicht reicht, will die Stadt auf Initiative der Linken mit einem Rechtsgutachten feststellen lassen, dass auch das Land mehr zahlen soll (PNN berichteten). Einhellig kritisierten CDU-Fraktionschef Matthias Finken und sein Grünen-Kollege Peter Schüler, dass sich die rot-rot geführte Landesregierung in dieser Frage aus der Verantwortung stehle.
300.000 Euro für freie Kultur- und Jugendträger
In solcher Einigkeit ging es weiter. Beschlossen wurden auch rund 300 000 Euro zusätzlich für freie Kultur- und einige Jugendträger, die unter anderem aus Bußgeldern finanziert werden. Dazu betonte SPD-Fraktionschef Pete Heuer, dass ab 2018 die Träger aus den Bereichen Kultur und Soziales statt einer jährlichen Förderung Bescheide mit einer Laufzeit von zwei Jahren erhalten sollen. Dadurch solle bisherige Planungsunsicherheit vermieden werden. Im Gegenzug müssten sich die Träger aber stärker evaluieren lassen.
Kritik gab es nur an wenigen Stellen. So bemängelte Schüler, dass keine Einsparungen bei der Stadtverwaltung möglich waren. Johannes von der Osten-Sacken kritisierte, das Rathaus vergebe zu viele Rechtsgutachten.
Die Rathauskooperation ist 2016 geplatzt
Ansonsten aber herrschte Einigkeit. Vorausgegangen waren wochenlange Vorverhandlungen, in denen die Rathausspitze um Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) auf direkte Verhandlungen setzte, speziell auch mit den Linken als bisher größter Oppositionsfraktion. Nicht noch einmal wollte man eine böse Überraschung erleben wie Ende vergangenen Jahres, als damals der Grünen-Kandidat für das Amt des Baudezernenten in drei Wahlgängen durchgefallen war. Damals war die seit 2008 regierende Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW und Grünen geplatzt – seitdem muss sich Jakobs wechselnde Mehrheiten suchen.
Für möglichst viele Ja-Stimmen erhielt fast jede Fraktion ein Wunschprojekt. Beispiel Die Linke: Die Stadt gibt rund 47 000 Euro für die Aufstellung der lange Jahre eingemotteten DDR-Plastik „Transparente Weltkugel“ am Marktcenter aus – den Rest will man mit Spenden finanzieren. Auch die Grünen bekamen etwas: Sie konnten 56 000 Euro mehr für den Erhalt von Denkmälern in Potsdam durchsetzen – und 70 000 Euro mehr für den Unterhalt von öffentlichen Grünanlagen. Dazu kamen 100 000 Euro für eine Mobilitätsberatung und die Untersuchung von Schadstoffbelastung in Hauptverkehrsstraßen. Kostenfrei ist künftig der Betrieb von Flutlichtanlagen auf Sportplätzen, wie es SPD und CDU gefordert hatten. Ebenso einigten sich SPD und Linke nach langem Streit auf ein einfacheres Prozedere zum kostenlosen Mittagessen für Schüler aus sozial schwachen Familien. Selbst die Fraktion Die Andere setzte kurz vor Ende der Verhandlungen noch durch, dass aus ihrer Sicht unterbezahlte Dozenten der Volkshochschule künftig ein Honorar von 35 statt 30 Euro pro Stunde erhalten. Der breite Konsens in solchen Fragen führte bei Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg zu der Feststellung, dass auch ohne die frühere Rathauskooperation „stabile Mehrheiten möglich sind“. Und: „Das hätte man schon eher machen können.“ Widerspruch gab es keinen.
Ziel: Noch deutlichere Überschüsse zu erwirtschaften
Ebenso sind im Haushalt einige Neubauprojekte enthalten – etwa der städtische Eigenanteil von 710 000 Euro für den geplanten Sportplatz am Lerchensteig. Ebenso sind 3,4 Millionen Euro für die Sanierungen der Steuben-Gesamtschule und der Grundschule Im Kirchsteigfeld vorgesehen. Außerdem sind erste Mittel für die neuen Schulstandorte in Bornim und hinter der Roten Kaserne am Bornstedter Feld eingeplant. „Mit Hilfe zusätzlicher Schlüsselzuweisungen des Landes und einem Plus bei den Steuereinnahmen gelingt es uns, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen“, sagte Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD). Zudem habe man selbst 13 Millionen Euro für Neubauprojekte erwirtschaften können. Gleichwohl müsse es wegen sinkender Investitionszulagen aus dem Solidarpakt das Ziel sein, noch deutlichere Überschüsse zu erwirtschaften – um die Investitionen für die wachsende Stadt aus eigener Kraft und ohne weitere Schulden finanzieren zu können.
Schon mit dem jetzigen Haushalt überweist die Stadt – auf Druck von SPD und CDU/ANW – zehn Millionen Euro extra an den Kommunalen Immobilienservice. Dieser baut bekanntlich für die wachsende Stadt die dringend benötigten Schulen und nimmt dafür Kredite auf, die bis Ende 2019 von jetzt rund 230 Millionen Euro auf über 380 Millionen steigen. Mit den zehn Millionen Euro lässt sich diese Entwicklung ein wenig bremsen – und die Stadt muss pro Jahr rund 500 000 Euro weniger für Tilgung und Zinsen zahlen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: