Links und rechts der Langen Brücke: Potsdams neue Brennpunkte
Sabine Schicketanz über Uferkriege, Welterbe-Ärger, Asphalt-Streitigkeiten – und die Ursachen für die Problemhäufung
Stand:
Uferkrieg an zwei Fronten, Welterbe-Ärger am Horn, Denkmalstreit um den Bürgerbahnhof, Protest gegen Asphalt auf der Mangerstraße – die Potsdamer Welt hat derzeit allerlei Brennpunkte zu bieten. Was sie eint: Immer geht’s ums Bauen, um Bebauungspläne oder die Rechtsgrundlagen dafür.
Am Griebnitzsee ist die Lage am deutlichsten verfahren. Der Uferweg seit einem Jahr gesperrt, Clinch mit dem Bund über seine Flächen am See, die Potsdam braucht, um den Weg durchzusetzen. Moralisch ist das Sperren nicht zu rechtfertigen, die Gemengelage allerdings lässt selbst Uferweg-Befürworter wanken: Zu vorherrschend ist der Eindruck, dass die Stadtverwaltung lange Zeit nicht alles getan hat, um den Mauerstreifen als Uferweg zu sichern.
Jahrelang führte sie Prozesse gegen den Bund, bekam aber kein Vorkaufsrecht für die ehemaligen Mauergrundstücke. Ebenso scheiterte bekanntlich der Bebauungsplan, der erst Jahre nach dem Stadtverordnetenbeschluss für ein freies Ufer von 1991 erstellt worden war. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg kassierte ihn vor einem Jahr – genau wie dieser Tage den geänderten Bebauungsplan für das Glienicker Horn. Die Landzunge mit ihren Beton-Stadtvillen gilt in Potsdam als Sinnbild für verfehlte Stadtplanung. Der Planungsfehler von 1995 war es allerdings nicht, der jetzt den B-Plan zu Fall brachte: Das OVG warf der Stadt vor, Privateigentum missachtet zu haben, als sie 2008 aus dem Bauland der neuralgischen Horn-Grundstücke einfach Grünflächen machte. Mit dem Urteil ist das Bauverbot aufgehoben und der Ärger mit der Unesco beginnt 15 Jahre nach dem ersten großen Zoff erneut. Auch beim Griebnitzsee war eine zu geringe Gewichtung des Privateigentums, über das der Weg führen würde, Hauptgrund für das OVG, den Bebauungsplan zu kippen.
All das passt in ein Muster, das der Potsdamer TV-Moderator Günther Jauch öffentlich kritisiert und damit 2007 eine Rathauskrise ausgelöst hatte: Willkür im Bau- und Denkmalamt, später nachgewiesen durch den Bericht des Baurechtlers Ulrich Battis. Wie viele der damaligen Missstände haben bis heute überdauert, auch unter neuer Führung des Baudezernats von Matthias Klipp (Bündnisgrüne)? Eine Frage, die sich fast von allein stellt angesichts der Problemhäufung.
Dazu kommt: Was nicht der Inhalt zu Fall bringt, erledigt oftmals der Ton. In Groß Glienicke, an der zweiten Ufer-Front, ist eskaliert, was vielleicht nicht hätte eskalieren müssen: Privateigentum gegen Allgemeinheit, angefacht nach Meinung selbst der Uferweg-Aktivisten durch schleppende, ungeschickte und vermeintlich unzuverlässige Verhandlungsführung der Verwaltung. Deshalb ist nun auch über diesen Uferweg Flatterband gezogen, obwohl hier der Bebauungsplan gültig ist. Die gepflasterte Mangerstraße in der Berliner Vorstadt soll asphaltiert werden. Warum? Weil das Fördergeld gerade da ist – aber nur für Asphalt. Die Anwohner laufen Sturm gegen diese Basta-Politik. Doch es bewegt sich nichts.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: