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WENDLANDS Sicht: Potsdams tote Könige

Am Sonntag ist sie zu Ende, die große Friederisiko-Ausstellung zum 300. Jubiläum des preußischen Königs.

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Am Sonntag ist sie zu Ende, die große Friederisiko-Ausstellung zum 300. Jubiläum des preußischen Königs. Und was war? Ein riesiger Erfolg, der Hunderttausende nach Potsdam gebracht hat. Da sage noch einer, Friedrich II. ist tot. Ja, aber auch in diesem Zustand tut er heute mehr als manch anderer für seine Stadt! Das kann man nun sehen, wie man will, aber der König von einst taugt doch immer noch. Viele konnten sich mit ihm einen Namen machen, viele auch mit ihm Geld verdienen, wie praktisch. Ob es Friedrich recht ist? Wer fragt schon danach. Und er soll sich mal nicht beschweren, schließlich waren wir es, die ihm seinen letzten Wunsch erst erfüllt haben. Ja, er liegt seit 21 Jahren dort, wo er immer liegen wollte, auf der obersten Terrasse seines Sanssouci neben seinen Hunden. Sein Pferd durfte wieder einziehen ins Neue Palais, wenn auch in einem denkwürdigen Zustand, aber na gut. Friedrichs Vater ist da noch nicht so glücklich dran: Er wollte in der Garnisonkirche begraben sein, da lag er auch bis zum Jahr 1945. Damals ging er stiften. Er verschwand mit seinem Sohn aus der Stadt, zu einem Zeitpunkt, als andere dafür noch erschossen wurden. Aber das ging ja mit Friedrich Wilhelm I., dem Soldatenkönig, nicht mehr. Tot ist tot. Und nun liegt er im Mausoleum an der Friedenskirche und wartet darauf, dass seine Garnisonkirche wieder ersteht und er endlich nach Hause kann. Manchmal kann ich ihn hören in seinem Grab, wenn er rotiert. Denn das tut er unweigerlich, wenn es um seine Kirche und seine Soldaten geht, die er bilden wollte, erbauen wollte in und mit seinen vielen Kirchenbauten. Denn auch wenn er seine Soldaten liebte, Krieg lehnte er ab, der fromme Pietist auf dem Thron. Sicher war er manchmal grob, nicht zuletzt zu seinem Sohn. Doch der Soldatenkönig hat deshalb nicht weniger für das Land getan. Auch ihm gönnen wir, dass er wieder in seine Grablege in der Garnisonkirche kann. Vor allem seine Sparsamkeit bräuchten wir heute dringend, auch da höre ich ihn rotieren, wenn es um den Potsdamer Haushalt geht. Die Kolonisten holte er nach Brandenburg, ließ seine Soldaten als Bausoldaten die Stadt errichten – und die Kirchen: Zur Erinnerung, in Potsdam baute er die drei Potsdamer Kirchen: Garnison-, Heilig-Geist- und die alte Nikolaikirche, den Vorgängerbau der Schinkelschen Kirche am Alten Markt. Auch in Berlin errichtete er zahlreiche Kirchen, doch er wird immer nur als Soldatenkönig bezeichnet. Eigentlich war er auch Kirchenkönig, Kirchenwilli oder Kirchenfritze. Aber wenn ich ihm einen Beinamen geben sollte, würde ich ihn wahrscheinlich eher Friedenskönig nennen. Denn so weit mir bekannt, ist er der einzige, der keinen Angriffskrieg geführt hat.

Unser Autor lebt seit 1945 in Potsdam. Er studierte in Berlin und Dresden und ist seit 1968 als Architekt in Potsdam tätig.

Christian Wendland

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